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290 | Joachim Bürgschwentner
Inhaltlich waren die deklarierten Ziele, die sich in dieser Reihung durch den ge-
samten Schriftverkehr ziehen, in erster Linie die Förderung der Loyalität zur Dy-
nastie und in weiterer Folge die positive Darstellung der Armee und des aktuellen
Krieges. Dieser Schwerpunktsetzung entsprechend sollte jedes der 50.000 Schul-
kinder die Porträtkarte erhalten und zusätzlich zwei der fünf ausgewählten Kriegs-
bildkarten (Nummer 12, 13, 16, 17 und 33).58 Insgesamt ist die Motivauswahl als
durchdacht einzuschätzen. Die Aufnahme Franz Josephs mit Franz Joseph Otto
symbolisiert so simpel und stimmig wie kaum ein anderes zeitgenössisches Bild
die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Monarchie: Der 84-jährige Kaiser
und der zweieinhalbjährige Thronfolgersohn, die Großvaterfigur und das Klein-
kind, boten sich als Sympathieträger an und versinnbildlichen durch ihre Schutz-
bedürftigkeit zudem auf eine auch aus der Lebenswelt der Kinder begreifbare Art
und Weise, dass die Dynastie nun der Unterstützung der Bevölkerung bedurfte.
Sie ist im Übrigen die einzige Karte der offiziellen Kriegsfürsorge, die nachweis-
lich in sechs verschiedenen sprachlichen Ausführungen – Deutsch, Italienisch,
Kroatisch, Slowenisch, Tschechisch und Ungarisch – erhältlich war.59 Zwei der
fünf Kriegsbildkarten (Nr. 17, 33) zeigen die Tiroler Kaiserjäger im bzw. nach
dem Kampf und boten somit einen regionalen Anknüpfungspunkt. Die Karte mit
Adolf Freiherr von Stillfried und Rathenitz, der bis zu seiner Verwundung in der
Schützenlinie kämpfte, um seine Soldaten zu motivieren (Nr. 13, Abb. 2), verdeut-
licht sowohl individuelles Heldentum wie auch soziale und sprachliche Grenzen
überschreitenden Zusammenhalt. Und schließlich dürften die beiden Karten mit
österreichischen Motorbatterien (Nr. 16, Abb. 5) und erbeuteten serbischen Kano-
nen (Nr. 12) auf das Technikinteresse der Knaben abgezielt haben.
58 ÖStA, AVA, MdI Präs. Kart. 1221, Zl. 14281/1914 sowie ÖStA, KA, MfLV Präs. Kart.
855, Zl. 10454/1914.
59 K. u. k. Kriegsministerium, Kriegsfürsorgeamt, Bestellschein für Offizielle Kriegs-Er-
innerungs-Gegenstände zugunsten der offiziellen Kriegsfürsorge, [Wien] [1915], S. 2,
Privatsammlung Loidl.
Bildspuren – Sprachspuren
Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Title
- Bildspuren – Sprachspuren
- Subtitle
- Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Authors
- Karin Almasy
- Heinrich Pfandl
- Editor
- Eva Tropper
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4998-1
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 346
- Keywords
- Postkarte, Mehrsprachigkeit, Habsburger Monarchie, Alltagsgeschichte, Kurznachrichtenträger, Alltagskommunikation, Fotografie, Untersteiermark, Mikrogeschichte, Eisenbahn, Tourismus
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen