Page - 46 - in Bildungs- und Berufsberatung in der Migrationsgesellschaft - Pädagogische Perspektiven auf Beratung zur Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen
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Bildungs- und Berufsberatung in der
Migrationsgesellschaft46
Migrationskontext bezieht sich zunächst vor allem auf die kritische Refle-
xion der eigenen Vorannahmen, Kategorisierungen und Wertvorstellungen,
ohne gleichzeitig relevante gesellschaftliche Differenzierungsprozesse zu
vernachlässigen. Vor diesem Hintergrund wird Anerkennungsberatung hier
in die theoretischen, konzeptionellen und institutionellen Entwicklungen der
»Interkulturellen Pädagogik« eingeordnet. Die Bezeichnung »Interkulturel-
le Pädagogik« wird dabei einerseits übergreifend für die unterschiedlichen
pädagogischen Ansätze seit den 1960er Jahren bis heute verwendet und be-
zeichnet andererseits konkret die Phase ab den 1980er Jahren, welche sich
aus der Kritik an der »Ausländerpädagogik« entwickelt hat und sich »speziell
mit den Folgen der Migration und Globalisierung für Bildung und Erziehung
und mit der Frage nach dem Umgang mit sprachlicher, ethnischer, nationaler
und kultureller Heterogenität im Bereich von Erziehung und Bildung« (Krü-
ger-Potratz 2005, S.
22) beschäftigt. Bereits die Bezeichnung »Interkulturelle
Pädagogik« impliziert die Annahme von Differenzdimensionen entlang von
kulturellen Zugehörigkeiten, die in der wissenschaftlichen Auseinanderset-
zung immer wieder kritisch diskutiert und zu Weiterentwicklungen in unter-
schiedlichen Richtungen geführt haben.
Die Entwicklung eines eigenständigen Forschungsfeldes in der Erzie-
hungswissenschaft wird in der wissenschaftlichen Literatur meist als Re-
aktion auf die Phase der sogenannten Gastarbeiteranwerbung in den 1960er
Jahren gesehen, obwohl durchaus bereits früher pädagogische Angebote
(z.B. Sozialbetreuung für Geflüchtete) existierten. Unter der Bezeichnung
»Ausländerpädagogik« wurden erste pädagogische Maßnahmen konzipiert,
die sich explizit auf Migrant_innen als Adressat_innen pädagogischer Leis-
tungen bezogen. Zielsetzungen waren vor allem der Ausgleich herkunfts-
bedingter »Defizite« und der Integrationsprozess im Sinne von Anpassung,
aber auch der Erhalt von Rückkehrmöglichkeiten. Von den Wohlfahrtsver-
bänden wurden »Ausländersozialdienste« eingerichtet, die muttersprachli-
che Beratung für »Arbeitsmigrant_innen« unterschiedlicher Nationalitäten
ermöglichten. Grundlage war ein nationalitätenspezifisches Konzept, wel-
ches eine Nähe zu der Zielgruppe und die Einbindung von Migrant_innen-
organisationen ermöglichte, sich jedoch zugleich auch durch mangelnde Ko-
operationsmöglichkeiten mit den Regelangeboten von diesen entfernte (vgl.
Schirilla et al. 2016, S. 81ff.).
Die stark zielgruppenorientierte Ansprache und die defizitorientierte
Sichtweise führten in den 1980er Jahren schließlich zu einer zunehmen-
Bildungs- und Berufsberatung in der Migrationsgesellschaft
Pädagogische Perspektiven auf Beratung zur Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen
- Title
- Bildungs- und Berufsberatung in der Migrationsgesellschaft
- Subtitle
- Pädagogische Perspektiven auf Beratung zur Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen
- Author
- Birgit Schmidtke
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4485-6
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 252
- Keywords
- Qualifikation, Integration, Bildungsberatung, Berufsberatung, Bildung, Bildungsforschung, Bildungssoziologie, Bildungstheorie, Pädagogik
- Category
- Recht und Politik