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3. Theoretischer Analyserahmen 47
den Distanzierung von dem Ansatz der »Ausländerpädagogik«. Die Kritik
an der entstandenen institutionellen Separierung und der inhaltlichen De-
fizitorientierung durch diese »Sonderleistungen« wurde in der Forderung
nach »interkultureller Kompetenz« als Erweiterung des Kompetenzprofils
der professionell Tätigen und der »interkulturellen Öffnung« zur institu-
tionellen Ausweitung von Regelangeboten aufgegriffen. Beide Elemente
setzen sich dabei gegenseitig voraus. Um »interkulturell« kompetent han-
deln zu können, sind entsprechende institutionelle Bedingungen notwendig,
und umgekehrt muss eine Öffnung der Strukturen mit entsprechendem
professionellen Beratungshandeln verbunden werden (vgl. Kalpaka 2009a,
S.
266f.). Interkulturelle Angebote werden damit von einer »Sonderleistung«
zu einer Querschnittsaufgabe für alle Bildungsbereiche und interkulturelle
Kompetenz zu einer Schlüsselqualifikation im Bereich pädagogischer Pro-
fessionalität (s. Kapitel 3.3.2). Während die Bedeutung von »interkultureller
Öffnung« bzw. »interkulturellen Kompetenz« in der pädagogischen Praxis
gerade unter den aktuellen migrationspolitischen Bedingungen wieder neu
diskutiert wird, hat sich in der wissenschaftlichen Disziplin Erziehungswis-
senschaft »Interkulturelle Pädagogik« als eine fachliche Richtung etabliert.
Gleichzeitig geht damit jedoch auch eine starke Kritik an der Fokussierung
auf kulturelle Differenzen und dem zugrundeliegenden Kulturbegriff ein-
her, was sich auch in dem Bemühen zeigt, neue Bezeichnungen und Konzep-
te einzuführen (vgl. Krüger-Potratz 2005, S. 22f.).
In der Erziehungswissenschaft erfolgt die Weiterentwicklung des Be-
griffs der »Interkulturellen Pädagogik« und der damit verbundenen Kon-
zepte vor allem in zwei Richtungen. Zunächst wird der Begriff »interkultu-
rell« durch Bezeichnungen wie »transkulturell« ersetzt, um sich explizit von
der Vorannahme eines in sich geschlossenen, einheitlichen Kulturbegriffs
zu distanzieren. Der Terminus der »Transkulturalität« bezieht sich statt auf
geografische oder nationale Grenzziehungen auf kulturelle Austauschpro-
zesse, die davon unabhängige Identitäten bilden (vgl. Welsch 1995). Darüber
hinaus wird in pädagogischen Ansätzen versucht, eine reflexive Ebene nicht
nur in den Konzepten, sondern bereits in die Begrifflichkeiten zu integrie-
ren, um die Fokussierung auf den Kulturbegriff zu überwinden. Als Beispie-
le hierfür sind die »Reflexive Interkulturelle Pädagogik« (vgl. Hamburger
2012) oder die »Migrationspädagogik« (vgl. Mecheril 2004) zu nennen. Die
Berücksichtigung unterschiedlicher Differenzlinien (z.B. Geschlecht, Be-
hinderung) führt darüber hinaus zu mehrdimensionalen Ansätzen, wie
Bildungs- und Berufsberatung in der Migrationsgesellschaft
Pädagogische Perspektiven auf Beratung zur Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen
- Title
- Bildungs- und Berufsberatung in der Migrationsgesellschaft
- Subtitle
- Pädagogische Perspektiven auf Beratung zur Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen
- Author
- Birgit Schmidtke
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4485-6
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 252
- Keywords
- Qualifikation, Integration, Bildungsberatung, Berufsberatung, Bildung, Bildungsforschung, Bildungssoziologie, Bildungstheorie, Pädagogik
- Category
- Recht und Politik