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Bildungs- und Berufsberatung in der
Migrationsgesellschaft74
Die individuell-funktionale Systemintegration auf sozialstruktureller Ebe-
ne erfolgt durch die Sicherstellung ausreichender Zugänge zu gesellschaft-
lichen Bereichen (z.B. zum Arbeitsmarkt) und durch die Wertschätzung bzw.
die Zufriedenheit mit der beruflichen oder sozialen Position. Während der
Begriff der sozialen Wertschätzung bei Honneth eher weit gefasst ist, wer-
den hier die Anerkennungsformen in Zusammenhang mit den Leistungen
und Fähigkeiten eines Menschen hervorgehoben, die mit seiner berufli-
chen und sozialen Position in der Gesellschaft verbunden sind. Dazu wird
auch hier zwischen der kollektiven und der individuellen positionalen An-
erkennung unterschieden. Bei der individuellen positionalen Anerkennung
werden Fähigkeiten und Leistungen wertgeschätzt, welche die Person tat-
sächlich besitzt oder erbringt. Diese müssen nicht mit der sozialen Position
übereinstimmen, werden jedoch dadurch mit bestimmt. Kollektive posi-
tionale Anerkennung bezieht sich auf die »Anerkennung der sozialen Posi-
tion als solche auf Basis von Fähigkeiten und Leistungen, die dieser sozia-
len Position zugeschrieben werden und auf Individuen übertragen werden
können« (Kaletta 2008, S.
80). Die Möglichkeit, positionale Anerkennung zu
erfahren, ist damit in beiden Unterkategorien von der Berufs- und Erwerbs-
position abhängig (vgl. Anhut und Heitmeyer 2005, S. 83f.; Kaletta 2008,
S.
73ff.). Die Aberkennung von Qualifikationen kann aus der Perspektive der
sozialen Desintegration demnach aus drei unterschiedlichen Perspektiven
erfolgen. Durch den Ausschluss von der Teilhabe an wichtigen gesellschaft-
lichen Teilbereichen wie dem Arbeitsmarkt erfährt die betroffene Person
positionale Aberkennung. Die daraus folgende Erfahrung von Ungleichbe-
handlung und fehlender sozialer Gerechtigkeit geht mit einem Mangel an
moralischer Anerkennung einher. Fehlende Anerkennung von Qualifikatio-
nen kann zudem auch mit der fehlenden Wertschätzung der damit verbun-
denen biografischen Erfahrungen, wie z.B. eines Studiums oder bestimmter
sozialer Kompetenzen, verbunden sein und damit als Verweigerung emotio-
naler Anerkennung erfahren werden.
Anerkennung und Diskriminierung
Sprung (vgl. 2011) erweitert in ihrer Studie zur Weiterbildungsbeteiligung
und Arbeitsmarkpartizipation von Migrant_innen den anerkennungstheo-
retischen Ansatz nach Honneth um Konzepte zur institutionellen Diskrimi-
nierung. Dadurch werden die Mechanismen verdeutlicht, die dazu führen,
dass Personen mit Migrationsgeschichte in spezifischer Weise von Anerken-
Bildungs- und Berufsberatung in der Migrationsgesellschaft
Pädagogische Perspektiven auf Beratung zur Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen
- Title
- Bildungs- und Berufsberatung in der Migrationsgesellschaft
- Subtitle
- Pädagogische Perspektiven auf Beratung zur Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen
- Author
- Birgit Schmidtke
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4485-6
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 252
- Keywords
- Qualifikation, Integration, Bildungsberatung, Berufsberatung, Bildung, Bildungsforschung, Bildungssoziologie, Bildungstheorie, Pädagogik
- Category
- Recht und Politik