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2 Nachhaltiges Wirtschaften & Unternehmensmanagement
Produktions- und Konsummöglichkeiten zukünftiger Generationen im Vergleich zu
heutigen nicht eingeschränkt werden: In seiner Interpretation wirtschaften wir
nachhaltig, wenn das Nutzennivau für zukünftige Generationen nicht sinkt.
Hartwick (1977) zeigte wenig später, dass Nachhaltigkeit langfristig nur zu erreichen
ist, wenn die Knappheitsrente in den Aufbau von anthropologisch geschaffenem
Kapital investiert wird. Die Knappheitsrente bezieht sich dabei auf ein Modell von
Hotelling (1931). Er zeigte, dass die Preise von endlichen Ressourcen eine Rente
aufweisen, die in der Regel über die Zeit wächst.4 Nach Hotelling ging man daher
von über die Zeit wachsenden Preisen für endliche, natürliche Ressourcen aus.
Empirische Untersuchungen konnten dazu keine eindeutigen Schlüsse liefern, da die
Ergebnisse sehr vom Untersuchungszeitraum abhängen und die Preise für natürliche
Ressourcen große Schwankungen aufweisen.5
Aus Hartwicks Regel zur Nachhaltigkeit folgt, dass der Aufbau eines langfristig nach-
haltigen Produktions- und damit auch Konsumniveaus nur dann möglich ist (vgl.
SDG 12 – verantwortungsvolle Konsum- und Produktionsmuster), wenn heutige Gene-
rationen auf einen Teil ihres möglichen Konsums verzichten. Des Weiteren müssten
natürliche Ressourcen durch anthropologisch geschaffenes Kapital ersetzbar sein – und
zwar relativ einfach: Um das Konsumniveau halten zu können, muss die Produktivität
des anthropologisch geschaffenen Kapitals mindestens genauso hoch sein, wie jene der
damit ersetzten natürlichen Ressourcen. So müssen für das Gelingen der globalen
Energiewende z.B. nichtbrennstoffbasierte erneuerbare Energien (wie Windkraft oder
Photovoltaik) mindestens so produktiv sein (also einen gleich hohen oder höheren Out-
put pro eingesetzter Einheit Kapital und Arbeit haben) wie die Extraktion und Verwen-
dung fossiler Energien. Außerdem sind Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum nur
mit technologischem Fortschritt möglich, und die neuen Produktionstechnologien dürfen
keine schweren Nebenfolgen verursachen (wie z.B. katastrophale Unfälle in der Atom-
kraft). Solow und Hartwick wenden das Konzept der schwachen Nachhaltigkeit an. Sie
gehen davon aus, dass natürliche Ressourcen großteils durch anthropologisch geschaf-
fenes Kapital ersetzt werden können. Bei Erdöl erscheint das einleuchtend. Jedoch geht
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4 Im Vergleich zu Güterpreisen, die auf Wettbewerbsmärkten den marginalen Kosten der letzten pro-
duzierten Einheit entsprechen, sind die Preise für endliche Ressourcen höher als die marginalen Pro-
duktionskosten. Die Differenz wird als Knappheitsrente bezeichnet. Sie gibt die Opportunitätskosten des
Verkaufs einer zusätzlichen Ressourceneinheit an und steigt, je knapper die Ressource wird. Die Entwick-
lung der Knappheitsrente mit der gleichen Rate des Marktzinssatzes wird als Hotelling-Regel bezeichnet.
5 Erweiterungen versuchen die Variabilität und den langfristigen Preisverlauf besser zu erklären
(Perman et al. 2011). So hat die zunehmende Knappheit in bestimmten Ölfeldern (z.B. onshore) zu
einem Preisanstieg geführt, der die Entwicklung und Verbreitung neuer Technologien (z.B. offshore,
Schieferöle) ermöglichte. Aufgrund von Lerneffekten bei den Produzentinnen und Produzenten
sinken die Kosten neuer Technologien im Laufe der Zeit jedoch, sodass die Fördermenge auch bei
niedrigeren Preisen konstant bleiben kann. Auch Kartelle, unregelmäßige Explorationserfolge und
geopolitische Ereignisse (wie z.B. Kriege) können den Preispfad kurz- und langfristig beeinflussen.
Umwelt- und Bioressourcenmanagement für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung
- Title
- Umwelt- und Bioressourcenmanagement für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung
- Authors
- Erwin Schmid
- Tobias Pröll
- Publisher
- Springer Spektrum
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-662-60435-9
- Size
- 17.3 x 24.6 cm
- Pages
- 288
- Keywords
- Umweltmanagement, Bioressourcen, Nachhaltigkeit, Sustainability, Universität für Bodenkultur
- Categories
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima