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2 Nachhaltiges Wirtschaften & Unternehmensmanagement
an Indikatoren, die zeigen, wer vom Wachstum profitiert, ob Wachstum nachhaltig
ist, wie Menschen ihre Lebensqualität einschätzen und welche Faktoren zum Erfolg
eines Individuums oder eines Landes beitragen (siehe Fallbeispiel 2.1.1). Die Ver-
messung von Volkswirtschaften (z.B. hinsichtlich ihres Einflusses auf die Umwelt
und die soziale Wohlfahrt, der Bestimmung von Bedingungen für ihre langfristig
nachhaltige Entwicklung und der empirischen Analyse derselben) sind ein zentraler
Bestandteil der Umwelt- und Ressourcenökonomie, genauso wie jene Faktoren, die
die Ressourcenverwendung in Volkswirtschaften beeinflussen.
Fallbeispiel 2.1.1: Messung des gesellschaftlichen Fortschritts
Im Jahr 2013 gründete die OECD, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung, die „High Level Expert Group on the Measurement of Economic Performance and Social
Progress“, um Vorschläge zu evaluieren, wie man den gesellschaftlichen Fortschritt unabhängig
vom BIP messen könnte. Die Vorsitzenden der Expertengruppe, Joseph Stiglitz, Jean-Paul Fitoussi
und Martine Durand publizierten daraufhin im Jahr 2018 den Bericht „Beyond GDP: Measuring
what counts for economic and social performance“. Sie beschreiben, dass das BIP kein geeigneter
Indikator sei, um soziale Wohlfahrt zu messen – wofür er auch nicht entwickelt wurde, sondern um
konjunkturelle Wirtschaftsschwankungen und -zyklen zu messen. Eine starke wirtschaftspolitische
Ausrichtung an das BIP ist daher nur eingeschränkt erfolgreich darin, die Gesamtwohlfahrt zu heben.
Stiglitz et al. (2018) nennen als Beispiel die Politikmaßnahmen, die infolge der Krise von 2008 ge-
troffen wurden. Während die restriktiven Budgetmaßnahmen (teilweise) zu einem Ansteigen des
BIP führten (in vielen Fällen wurde nicht einmal dieses Ziel erreicht), erhöhten sie gleichzeitig die
ökonomische Unsicherheit für breite Teile der Bevölkerung, machten vielen jungen Menschen den
Einstieg in das Erwerbsleben unmöglich (z.B. in Südeuropa) und zerstörten das Vertrauen in Institu-
tionen, weil die Maßnahmen als unfair wahrgenommen wurden. Hätte sich die Politik an einem breite-
ren Indikatorenbündel orientiert (welches die wahrgenommene ökonomische Unsicherheit, die Ver-
teilung von Einkommen, Vermögen und v.a. auch Chancen berücksichtigt sowie persönliches Wohl-
befinden und die ökologischen Konsequenzen unseres Wirtschaftens miteinbezieht), wären mit hoher
Wahrscheinlichkeit andere Maßnahmen getroffen worden. Stiglitz et al. (2018) betonen jedoch,
dass sie nicht grundsätzlich wachstumskritisch sind, sondern das richtige Wachstum forcieren wollen.
Stiglitz et al. (2018) halten das Indikatorenbündel, welches für die nachhaltigen Entwicklungsziele
(SDGs) entwickelt wurde, für zu umfangreich (mehr als 200 Indikatoren), um es in allen Ländern
umfassend zu erheben und politische Maßnahmen daran auszurichten. Sie beschreiben in ihrem
Bericht detailliert die Fortschritte in der Entwicklung solcher Indikatoren, noch vorhandene Lücken
und welche Länder diese Indikatoren bereits erfolgreich anwenden.
Von der Diskussion um die Messung gesellschaftlichen Fortschritts inspiriert, publiziert Statistik
Austria (s.a.) unter dem Titel „Wie geht’s Österreich“ ein Bündel an Indikatoren. In Österreich ist
z.B. das Haushaltseinkommen langsamer gestiegen als das BIP, und die Wohnkostenüberlastung
hat in den letzten Jahren wieder zugenommen. Auch manche Umweltindikatoren, wie etwa die
Treibhausgasemissionen und die verbauten Flächen, zeigen eine besorgniserregende Entwicklung.
Gleichzeitig sind die Tötungsdelikte seit dem Jahr 2000 stark gefallen, haben sich die Einkommens-
unterschiede zwischen Männern und Frauen verringert, genauso wie die frühzeitige Sterblichkeit.
Für die subjektiv wahrgenommene Zufriedenheit gibt es keine klaren Ergebnisse. Die Zeitreihe ist
zu kurz, und es sind nur kleine Veränderungen beobachtet worden.
Umwelt- und Bioressourcenmanagement für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung
- Title
- Umwelt- und Bioressourcenmanagement für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung
- Authors
- Erwin Schmid
- Tobias Pröll
- Publisher
- Springer Spektrum
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-662-60435-9
- Size
- 17.3 x 24.6 cm
- Pages
- 288
- Keywords
- Umweltmanagement, Bioressourcen, Nachhaltigkeit, Sustainability, Universität für Bodenkultur
- Categories
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima