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3 Umwelt in Gesellschaft, Politik & Recht
oder negativ ausgedrückt:
Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlung nicht zerstörerisch sind für die
zukünftige Möglichkeit solchen Lebens;
oder einfach:
Gefährde nicht die Bedingungen für den indefiniten Fortbestand der Mensch-
heit auf Erden;
oder, wieder positiv gewendet:
Schließe in deine eigene Wahl die zukünftige Integrität des Menschen als Mit-
Gegenstand deines Wollens ein.“
Dieser neue Imperativ, den man auch den ökologischen Imperativ nennen könnte,
scheint einfach und einleuchtend formuliert zu sein, dennoch ist eine Interpretation
nötig. In der ersten Formulierung geht es um die Beachtung der Kausalketten, in
die unser (technisch verstärktes) Handeln eingebunden ist. Was sind die angestreb-
ten Wirkungen und was die mitbewirkten unerwünschten Folgen? Und sind diese
Wirkungen und Folgen verträglich mit dem dauerhaften Fortbestand menschlichen
Lebens? Die Verträglichkeitsforderung wird in der zweiten Formulierung grob skizziert:
Handlungen sollen jedenfalls nicht zerstörerisch für „die Permanenz echten mensch-
lichen Lebens“ sein. Was mit „echtem“ menschlichem Leben gemeint sein könnte, kann
man zunächst nur erahnen. Die dritte Formulierung verlangt im Grunde, dass geklärt
wird, was die Grundbedingungen zur Erreichung des Fortbestandes der Menschheit
sind. Und es wird klar, dass bewusst eine anthropozentrische Haltung eingenommen
wird. Es scheint nicht um die Natur insgesamt zu gehen, sondern der Maßstab ist
das Überleben der Menschheit und das „echte“ menschliche Leben. Die vierte For-
mulierung legt nahe, vor der Durchführung jeder Handlung, die ja willensbasiert ist
und zumeist eine Wahl zwischen Alternativen darstellt, zusätzliche Überlegungen
anzustellen: Die „zukünftige Integrität des Menschen“ ist genauso bedeutsam wie
der konkrete erwartete Ertrag aus der Handlung. Die „Integrität“ des Menschen spielt
wieder auf die anfängliche Formulierung des „echten“ menschlichen Lebens an. Es
geht also nicht nur um die pure Überlebenssicherung für ein irgendwie geartetes
menschliches Leben auf diesem Planeten.
In einem weiteren Text von Jonas wird sehr deutlich, dass er die anthropozentrische
Grundhaltung durchaus kritisch reflektiert. Schon im „verständigen Selbstinteresse“
des Menschen sei es, eine „Durchbrechung der Anthropozentrik“ anzugehen. „Als
planetarische Macht ersten Ranges darf er nicht mehr nur an sich selbst denken“
(Jonas 1993, S. 85). Eine „Umweltethik“ werde nötig, denn jetzt beanspruche „die ge-
samte Biosphäre des Planeten mit all ihrer Fülle von Arten, in ihrer neu enthüllten
Umwelt- und Bioressourcenmanagement für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung
- Title
- Umwelt- und Bioressourcenmanagement für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung
- Authors
- Erwin Schmid
- Tobias Pröll
- Publisher
- Springer Spektrum
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-662-60435-9
- Size
- 17.3 x 24.6 cm
- Pages
- 288
- Keywords
- Umweltmanagement, Bioressourcen, Nachhaltigkeit, Sustainability, Universität für Bodenkultur
- Categories
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima