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Umweltrelevante Systeme & Technologien 5
5.5.6.1 Mechanische Abwasserreinigung
Die erste Reinigungsstufe in einer Kläranlage ist die mechanische Abwasserreinigung.
Sie dient als Vorbereitung (Vorreinigung, Vorklärung) für die eigentliche Reinigung
des Abwassers. Hierbei kommen ausschließlich mechanische Apparate (Rechen, Siebe)
und physikalische Prozesse, wie die Ablagerung von Teilchen durch die Schwerkraft
(Sedimentation) und die Entfernung von leichten Feststoffen mittels Aufschwimmen
(Flotation), zum Einsatz. In der Vorreinigung entfernt man Grobstoffe, Sand und
Fett aus dem Abwasser, die sich negativ auf den Betrieb der Anlage auswirken können.
Die Vorklärung dient zur Abtrennung sedimentierbarer Schmutzstoffe. Dies schützt
und entlastet die anderen Verfahrensstufen, u.a. da der Sauerstoffbedarf in der bio-
logischen Stufe reduziert werden kann. Der in der Vorklärung anfallende Schlamm
muss einer Schlammbehandlung zugeführt werden (Gujer 2007). Die Sedimentation
bestimmter Stoffe kann durch die chemische Abwasserreinigung noch verstärkt werden.
Durch die Zugabe von Chemikalien (z.B. von Metallsalzen, Polyelektrolyten) kommt es
zur Fällung und Flockung unterschiedlicher Substanzen. Ein wichtiges Einsatzgebiet der
chemischen Abwasserreinigung ist die Phosphatfällung zur Entfernung von Phosphor.
5.5.6.2 Biologische Abwasserreinigung
Die zweite Stufe stellt die biologische Abwasserreinigung dar. Dabei werden die natür-
lichen Selbstreinigungskräfte von Gewässern und Böden genutzt, indem in der Natur
vorkommende, biologische Prozesse technisch intensiviert werden. Alle Verfahren der
biologischen Reinigung nutzen den Schmutzstoffabbau durch Mikroorganismen.
Die Verfahren unterscheiden sich in den Milieubedingungen (d.h., ob Sauerstoff be-
nötigt wird (aerob) oder nicht (anaerob)), in der Lage der Biomasse (frei schwebend
(suspendiert) oder festsitzend) und im Einsatz von Energie in der Reinigung (intensiv
oder extensiv). Je nach Anlagengröße und Randbedingungen kommen unterschied-
liche Technologien zum Einsatz (für eine detaillierte Beschreibung siehe Gujer 2007).
In Österreich werden mehr als 90% der ca. 1.800 Anlagen mit einer Ausbaukapazität
von mehr als 50 Einwohnerwerten (EW)1 als Belebungsanlagen ausgeführt. Belebungs-
anlagen sind aerobe, intensive Reinigungsanlagen mit suspendierter Biomasse. Die
restlichen 10% sind Festbettanlagen mit festsitzender Biomasse (ÖWAV 2015). Bei
Anlagen mit weniger als 50 EW (Kleinkläranlagen) dominieren ebenfalls Belebungs-
anlagen, jedoch spielen hier auch bepflanzte Bodenfilter (Pflanzenkläranlagen) eine
wichtige Rolle. Diese stellen ca. 20% der Anlagen (Langergraber et al. 2018). Be-
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1 Der Einwohnerwert (EW) ist ein Vergleichswert für die in Abwässern enthaltenen Schmutzfrachten.
Er wird genutzt, um die Belastung bzw. die Ausbaukapazität von Kläranlagen auszudrücken. Ein
Einwohnerwert von 1 entspricht der mittleren, täglich entstehenden Schmutzfracht des häuslichen
Abwassers einer Einzelperson.
Umwelt- und Bioressourcenmanagement für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung
- Title
- Umwelt- und Bioressourcenmanagement für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung
- Authors
- Erwin Schmid
- Tobias Pröll
- Publisher
- Springer Spektrum
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-662-60435-9
- Size
- 17.3 x 24.6 cm
- Pages
- 288
- Keywords
- Umweltmanagement, Bioressourcen, Nachhaltigkeit, Sustainability, Universität für Bodenkultur
- Categories
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima