Page - 94 - in Botanik und Zoologie in Österreich - In den Jahren 1850 bis 1900
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94 K. Fritsch.
logie der Pflanzen als eigener Lehrkanzel erfolgt war. Der botanisclie Garten,
welcher Kosteletzky und Willkomm zur Verfügung- stand, befand sichjn
Smichow im Inundationsgebiete der Moldau, unter deren Ueberschwemmungen
er wiederholt litt. Er war sehr reich an Pflanzenarten (ungefähr 9500 im Freien,
4500 in den Gewächshäusern), hatte eigene Abtheilungen für Alpenpflanzen,
Wassei-pflanzen, Arzneipflanzen und eine reiche Sammlung von Succulenten. Im
Garten standen ein grösseres dreitheiliges Gewächshaus, sieben kleinere ein-
zelne Glashäuser, ein Musealgebäude, die Wohnhäuser des Directors und des
Obergärtners, endlich der isolierte Hörsaal. Das Musealgebäude enthielt ein
umfangreiches Herbarium, eine carpologische Sammlung und eine Bibliothek.
Als im Jahre 1892 Willkomm in den Ruhestand trat und R. v. Wett-
stein an dessen Stelle berufen wurde, begann für die Pflege der systemati-
schen Botanik in Prag eine Zeit des Aufschwunges. In den sieben Jahren
(1892—1899), während deren Wettstein in Prag wirkte, giengen sehr
bedeutende Veränderungen mit der Lehrkanzel für systematische Botanik vor
sich; seinen rastlosen Bemühungen ist es zu danken, dass die deutsche Uni-
versität in Prag heute einen ganz neu angelegten botanischen Garten und ein
allen Anforderungen unserer Zeit entsprechendes botanisches Institut besitzt.
Den äusseren Anstoss zur Verlegung des botanischen Gartens gab einer-
seits die Spaltung der ehemals einheitlichen Universität in eine deutsche und
in eine böhmische, anderseits aber die Ueberschwemmung des Jahres 1890,
welche die Unhaltbarkeit des Gartens an jener Stelle deutlich machte. Auf
Antrag Wettsteins wurde die Errichtung zweier getrennter botanischer
Gärten auf der Area der böhmischen Gartenbau-Gesellschaft (Benatekergasse)
beschlossen, ebenso die Errichtung je eines Institutsgebäudes in jedem der
Gärten. Die Eröffnung des neuen Gartens und Institutes der deutschen
Universität erfolgte im October 1898. In den vorhergehenden Jahren hatte
das ehemalige Wohngebäude des Gartendirectors in Smichow als botanisches
Institut gedient.
Die Anlage des neuen botanischen Gartens bot einige Schwierig-
keiten, weil derselbe auf einem stark ansteigenden Terrain liegt. Der höchst-
gelegene Theil wurde als Bauplatz für das Institut benützt, während in'dem
tiefer gelegenen Theile das Wohnhaus des Garteninspectors und die Gewächs-
häuser erbaut wurden. Der steil ansteigende Abhang wurde in Terrassen
abgetheilt, welche die systematische Abtheilung, die Anzucht von Cultur-
pflanzen, Versuchs- und Reservebeete, endlich eine Abtheilung zur Heranzucht
von Demonstrationspflanzen für Mittelschulen enthalten. Der untere, ebene
Theil des Gartens beherbergt ein reichhaltiges Coniferengehölz, biologische
und pflanzengeographische Gruppen, endlich Wasserpflanzenculturen. Die
Gewächshausanlage besteht aus sieben zu einem Complex vereinigten Häusern,
von denen vier als Warmhäuser, drei als Kalthäuser eingerichtet sind. Das
mittlere Haus enthält eine landschaftliche Zusammenstellung tropischer Pflanzen
und eine Gruppe tropischer Culturpflanzen; eines der kleineren Warmhäuser
enthält ein Bassin. Selbstverständlich sind auch Mistbeete— und zwar ge-
mauerte— im botanischen Garten vorhanden. An den Umfassungsmauern
werden Schlingpflanzen gezogen.
Botanik und Zoologie in Österreich
In den Jahren 1850 bis 1900
- Title
- Botanik und Zoologie in Österreich
- Subtitle
- In den Jahren 1850 bis 1900
- Author
- Alfred Hölder
- Editor
- K. K. ZOOLOGISCH-BOTANISCHEN GESELLSCHAFT
- Location
- Wien
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 14.3 x 24.0 cm
- Pages
- 716
- Categories
- Naturwissenschaften Biologie