Page - 19 - in Bühne und Kostüme
Image of the Page - 19 -
Text of the Page - 19 -
1918
beinahe 250 Jahre Geschichte hat das Grazer Schauspielhaus
bereits geschrieben − und dabei durchaus einige architektoni-
sche Hürden genommen. Nach seiner Eröffnung im Jahr 1776
brannte das damalige „Landesständische Theater“ bis auf Fas-
sade und tragende mauern nieder, um erst 1825, nach umfang-
reicher renovierung unter Architekt Peter von nobile, wiederer-
öffnet zu werden. Nobile war es auch, der für die damaligen vier
Logenränge, den Portikus an der spätklassizistischen Fassade
zum Freiheitsplatz sowie deren horizontale ordnung im bereich
des haupteingangs verantwortlich zeichnete. nach 125 Jahren
ununterbrochener Spielzeit schloss man das haus 1952 aus
Sicherheitsgründen. Danach? eine zweijährige theatralische
bedenkzeit. mit einem wettbewerb um den besten entwurf, der
historische Substanz und moderne Sicherheitsvorschriften ver-
einbaren sollte, ging es für das Grazer Schauspielhaus in run-
de Drei: unter Architekt Franz Klammer wurden holzstrukturen
durch beton ersetzt, der niedrige vierte rang entfernt, eine neue
bühnentechnik sowie ein Gebäude für Garderobe und verwal-
tung hinzugefügt. Das Haus eröffnete 1964 mit drei Bühnen und
über 700 Plätzen als gelungenes mosaik aus drei unterschiedli-
chen epochen.
Diese architektonische Geschichte des Schauspielhauses hat
hier nicht nur ihren Platz ob des Themas dieser Publikation —
sie ist auch Spiegelbild seines vielfältigen innenlebens, seines
umfangreichen Programms zwischen bewährtem bühnenspiel
und moderner Theaterkunst. inhalt und Struktur des hauses
liegen grundsätzlich im kulturpolitischen Auftrag der eigentü-
mer Stadt Graz und Land Steiermark begründet. Dieser gibt das
Spiel im repertoirebetrieb vor, der seit jeher im germanischen
Sprachraum usus ist und dem Grazer Publikum größtmögliche
Abwechslung garantiert. bei Kuration und inszenierung wird
der Intendanz, seit 2015/16 mit Iris Laufenberg treffend besetzt,
vollste künstlerische Autonomie zugesprochen. eben dies sorgt
dafür, dass das Schauspielhaus nicht nur baulich, sondern auch
inhaltlich einem mosaik gleicht: reich an Themen, Spielweisen und Ansätzen wird Saison für Saison eine brücke zwischen mo-
numentalen Dramen, klassischer Komödie und zeitgenössischer
Dramatik geschlagen. Getrieben von Goethes dichterischem
ungehorsam — zitat: „wer dem Publikum hinterherläuft, sieht
doch nur dessen hinterteil!“ — ist Theater auf den bühnen des
Schauspielhauses nämlich niemals nur belanglose unterhaltung.
Gesellschaftskritik von Dürrenmatt und bernhard wird ebenso
bühne geboten wie Shakespeares Dramen oder der zeitgenös-
sischen Dramatik junger nachwuchstalente.
Letztere bilden nun den roten Faden zum aktuellen Anlass: die
unterstützung junger, aufstrebender, wissbegieriger menschen
und deren kreatives Abarbeiten an realen Problemstellungen.
mit sinkenden Abonnementzahlen, aber Steigerung im Freiver-
kauf stecken die bühnen Graz inmitten einer neuorientierung:
wie sieht das Publikum
von morgen aus und
wie können wir es er-
reichen? mit derartigen
Fragen im hinterkopf ist
es mir eine große Freu-
de, einen solch offenen und positiven Umgang der Studierenden
der Technischen universität Graz mit ihrer architektonischen
Aufgabenstellung und dem Schauspielhaus selbst erleben zu
dürfen. ihr interesse und einsatz, das hineindenken in die An-
forderungen und Gegebenheiten des hauses, waren von einer
professionellen expertise geprägt, für die ich allen Teilnehmer*in-
nen meine hochachtung aussprechen möchte. zeichnet sich die
Architektur des Grazer Schauspielhauses baulich wie inhaltlich
auch weiterhin durch ein solches engagement aus, ist die zu-
kunft des Theaterhauses als maßgeblicher bestandteil der steiri-
schen Kulturszene gesichert.
bernhard rinner
Geschäftsführer der Theaterholding Graz/Steiermark Gmbh
(...) Getrieben von Goethes dichterischem unge-
horsam — zitat: „wer dem Publikum hinterherläuft,
sieht doch nur dessen hinterteil!“ — ist Theater auf
den bühnen des Schauspielhauses nämlich nie-
mals nur belanglose unterhaltung.
So ist uns die zukunft sicher
back to the
book Bühne und Kostüme"
Bühne und Kostüme
- Title
- Bühne und Kostüme
- Editor
- Petra Simon
- Elemer Ploder
- Martina Thaller
- Publisher
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-763-2
- Size
- 24.0 x 24.0 cm
- Pages
- 124
- Category
- Kunst und Kultur