Page - 112 - in Coaching im digitalen Wandel
Image of the Page - 112 -
Text of the Page - 112 -
Walpuski112
zieren anhand von Bewertungslogiken digitaler Coaching-Vermittlungsplatt-
formen Umkehrungen in Machtverhältnissen und die Deprofessionalierung
des Coachings zur Dienstleistung.
Als Frage wird deutlich: Versteht sich Beratung als schnelles, marktgängiges
Sofortangebot oder im Sinne einer verbindlichen Beziehung, deren Gestaltung
anrührend, widerständig und mühevoll sein kann?
Umgang mit Macht: Gouvernementalität
Beratung kann eine Technologie der Machtausübung sein, wie Bröckling (2017)
anhand zahlreicher üblicher Elemente von Beratung aufzeigt. Konkret lässt sich
dies im CMC-Kontext verdeutlichen, wenn Geißler über sein »virtuelles Trans-
fercoaching« (Berger, 2012, Minute 6:04–7:20) sagt:
»Der wichtigste Erfolgsfaktor ist der freundliche Impuls, das umzusetzen,
was man sich selbst vorgenommen hat. […] Die Teilnehmer gehen ja mit
gutem Willen in die Praxis, aber der Alltag überrollt sie. […] Ich höre immer
wieder von diesem seltsamen Tier, das Schweinehund genannt wird. Und
dieser Schweinehund […] sorgt dafür, dass das nicht umgesetzt wird, was
die Leute sich selbst vornehmen. Die Tatsache, dass da jemand ist, der drauf-
schaut, was ich mache, und ein genauer Telefontermin festgelegt wird, wo
ich Rechenschaft ablegen muss, vor mir selbst und vor meinem Coach, wie
weit ich denn jetzt gekommen bin, was von dem, was ich mir selbst vor-
genommen habe, was von dem ich wirklich umgesetzt habe. Ein solcher
Termin übt einen heilsamen Druck aus.«
Pointierter lässt sich kaum zeigen, wes Geistes Kind dieses »Tool« ist: Unter der
Annahme, selbst gewählte Ziele zu verfolgen, schließt der »Teilnehmer« eine
Art Arbeitsbündnis mit dem Coach, ihn bei der Umsetzung seiner Vorsätze
beraterisch zu unterstützen, weil ihm dies allein nicht gelingt. Am Beispiel des
Self-Tracking – der CMC-Beratung im Automatisationsgrad derzeit noch vor-
aus – zeigt Gugutzer (2016) ausgehend von Hermann Schmitz, dass dies eine
»Technik der Leibbemeisterung« ist: »Beherrscht, bemeistert wird hier weder
die Psyche noch der Körper, sondern die leiblich spürbare Schwere, Trägheit,
Müdigkeit oder Lustlosigkeit. [… Die Technik hilft] dabei vor allem deshalb, weil
sie eine externe, nicht der eigenen Person zugehörige Autorität verkörper[t]«
(a. a. O., S. 168 f.). Der Widerspruch dieser Selbstregierung im Sinne von Fou-
cault zu Geißlers »humanistischen Vorstellungen« (Berger, 2012) scheint ihm
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC-ND 4.0
back to the
book Coaching im digitalen Wandel"
Coaching im digitalen Wandel
- Title
- Coaching im digitalen Wandel
- Editor
- Robert Wegener
- Silvano Ackermann
- Jeremias Amstutz
- Silvia Deplazes
- Hansjörg Künzli
- Annamarie Ryter
- Publisher
- Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
- Date
- 2020
- Language
- German, English
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-40742-0
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 166
- Category
- Technik