Page - 124 - in Coaching im digitalen Wandel
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Klinkhammer / Enke /
Enke124
Schlussbetrachtung
– Coaching in der
digitalisierten Arbeitswelt
Die Veränderungen in Hochschulen und in der Profession Wissenschaft wer-
den durch die Digitalisierung beschleunigt, die Reflexion und die Verankerung
in der eigenen professionellen Identität (auch als Führungskraft) hinken die-
sen Entwicklungen hinterher. Coaching ermöglicht es, sich mit professionellen
organisations- und rollenbezogen heiklen und konfliktträchtigen Fragen aus-
einanderzusetzen, die sich vor vielfältigen anderen Hintergründen auf der Ebene
der Person spiegeln. Es bietet dabei der Person einen geschützten vertrauens-
vollen Raum und eine unterstützende und dialogische Beratungsbeziehung.
Im Gegensatz zu virtuellen Coachingformaten, die in einer globalisierten
Arbeitswelt durchaus ihre Berechtigung haben, da auch sie Anker im Bekannten
bieten können, hat das Face-to-Face-Coaching einige Besonderheiten, die gerade
in einer beschleunigten, digitalen Welt positiv wirken.
In unserer Coachingpraxis hat sich immer wieder gezeigt, dass auch das
Heraustreten aus dem vertrauten professionellen oder privaten Umfeld an einen
Ort der Beratung einen positiven Effekt auf die Möglichkeit hat, neue Gedanken
und Perspektiven zuzulassen. Gestützt und gefördert wird dieser Effekt durch
eine klare und als angenehm empfundene Gestaltung des Beratungsraums und
des Settings. Nach unserer Erfahrung nehmen sich Klient*innen beim virtu-
ellen Coaching selten die Zeit, einen besonderen Ort zu kreieren, an dem sie
wirklich zur Ruhe und Distanz kommen können. Doch gerade dieses »Heraus-
treten und Innehalten« und das »Sich-Zeit-Nehmen« hat in der Coachingpraxis
einen großen Effekt.
Die Beratungsqualität im Face-to-Face-Coaching zeigt sich in Lebendigkeit,
Sinnlichkeit, Arbeiten mit Körper, Sinnen und Emotionen im gemeinsamen
Raum, mit haptisch erfahrbaren Materialien (Aufstellungsfiguren, Moderations-
karten) oder über unmittelbare Körpererfahrung und -sprache (Mimik, Ges-
tik, Lautstärke und Klangfarbe der Stimmen), Bewegung im und Nutzung des
gesamten realen Raums. Auch in konflikthaft aufgeladenen Situationen zeigt
sich eine direkte emotionale Resonanz, die im virtuellen Coachingraum unter
Umständen so nicht möglich wäre: Studien zeigen, dass bei der videobasierten
Kommunikation Emotionen und Gesichtsausdrücke nicht richtig eingeschätzt
werden und Sympathie unterschätzt wird (z. B. Sears, Zhang, Wiesner, Hackett
& Yuan, 2013). All dies sind aber wichtige Werkzeuge von Coaches.
Wissenschaftler*innen haben zunehmend weniger Gelegenheit, zwischen-
menschliche, auf Vertrauen basierende Arbeitsbeziehungen, in der das Gegen-
über »keine Aktien in der Karriere« der ratsuchenden Person hat, aufzubauen.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC-ND 4.0
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book Coaching im digitalen Wandel"
Coaching im digitalen Wandel
- Title
- Coaching im digitalen Wandel
- Editor
- Robert Wegener
- Silvano Ackermann
- Jeremias Amstutz
- Silvia Deplazes
- Hansjörg Künzli
- Annamarie Ryter
- Publisher
- Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
- Date
- 2020
- Language
- German, English
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-40742-0
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 166
- Category
- Technik