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4. DasErlebenderPandemieund ihrerAuswirkungen 85
EineweitereVoraussetzungistdieHerstellungeinergemeinsamensozia-
lenIdentität[280].DabeibestehtnatürlichdieGefahr,dassdieeigenesoziale
IdentitätzurHerabsetzunganderer führt,dasozialeIdentitäteninderRegel
vonderDifferenzzuanderenGruppen leben[60],beispielsweise indeminfi-
zierteMenschenstigmatisiertwerdenoderdieHerkunftdesVirusausChina
zueinerDiskriminierungvonMenschenmitasiatischemAussehenführt–all
diesistauchgeschehenwährendderHoch-ZeitderPandemie.Dagegenstan-
den jedochVersuche,einesoziale Identitätherzustellen,welchedieGemein-
samkeitengegendasVirusbetonten.EntsprechendwurdendieBotschaften
inPublikumsmedienund sozialenMediengeformt,undmankonnte inder
TatzeitweiligeinegrößereRücksichtnahmeundAufmerksamkeitgegenüber
Mitmenschenbemerken.
DieAkzeptanzderLockdown-Maßnahmenwarsowohl inderSchweizals
auch in Deutschland von Beginn an recht groß. Die Ausrufung der so ge-
nanntenaußerordentlichenLagewurdenurvon9ProzentderbefragtenPer-
sonen in der Schweiz als übertrieben aufgefasst [281]. Über die Lockdown-
Phasehinwegäußertenlediglich15bis20ProzentderBefragteninUmfragen,
dass ihrVertrauen indieRegierungderSchweiz gering sei. InDeutschland
stiegdieAkzeptanzeinschränkenderMaßnahmen imApril 2020sprunghaft
anundgingdann langsambis indenSommeretwas zurück.Auchhierwar
das Vertrauen in Behörden undRegierung relativ hoch und blieb stabil auf
demNiveau [282].
Weitaus größer als die drastischenVerhaltensänderungen imLockdown
sinddieHerausforderungen,mitgelockertenMaßnahmensichdennochprä-
ventiv zu verhalten.Moralische Beurteilungen und praktische Abschätzun-
genwerden jetzt individualisiert [283].Was istwannerlaubt?Wieweit sind
1Meter und 50 Zentimeter tatsächlich entfernt, undwie gehe ichmitMit-
menschenum,die sich nicht (mehr) an die veränderten Spielregeln halten?
Strikte Regeln sind einfacher anzuerkennenunddurchzuhalten, bei Locke-
rungenwird es deutlich schwieriger. Allerdings sind auch ganz strikte Re-
gelnaufDauerkaumeinhaltbar,wiemanetwavonderAIDS-Pandemieweiß.
Komplette Abstinenz ist in sexuellerHinsicht für vieleMenschen inRisiko-
gruppen genausowenigmöglichwie beimKonsumvonDrogen.Und auch
für sozialeKontakte braucht esVentile, die erlaubt seinmüssen, ansonsten
finden sie illegal statt–Quarantäne-Müdigkeit stellt sich irgendwannauto-
matischein [284].
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War der Coronavirus-Lockdown notwendig?
Versuch einer wissenschaftlichen Antwort
- Title
- War der Coronavirus-Lockdown notwendig?
- Subtitle
- Versuch einer wissenschaftlichen Antwort
- Author
- Dirk Richter
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefelfd
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5545-6
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 192
- Keywords
- Corona, Pandemie, Covid, Corona, Lockdown
- Categories
- Coronavirus
- Medien
- Medizin