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Einleitung
Ein lokal begrenzter Infektionsherd in einer chinesischen Provinz im Jän-
ner dieses Jahres hat sich innerhalb kürzester Zeit zu einer weltumspan-
nenden und die Menschheit bedrohenden Pandemie entwickelt. Bei
Drucklegung dieses Bandes werden mehr als 14 Millionen Menschen mit
dem Virus infiziert sein. Bei ungefähr zwei Prozent der Infizierten zeigt
Covid‑19 (Coronavirus Disease 2019) einen schweren Verlauf, sodass jene
die Behandlung auf einer Intensivstation benötigen, und etwa neun Pro-
zent der infizierten Patientinnen und Patienten versterben mit oder an den
Folgen der Infektion. Es gab keine Bevölkerungsgruppe, die nicht durch
die Infektion betroffen war, auch wenn ältere Menschen und solche, die
bestimmte Vorerkrankungen aufwiesen, besonders gefährdet waren. Im-
merhin lag das Durchschnittsalter der infizierten, verstorbenen Menschen
Ende März bei 81 Jahren. Überall versuchte man, die Risikogruppen durch
besondere Vorsichtsmaßnahmen zu schützen, auch wenn deutlich wurde,
dass allein dadurch die Pandemie nicht aufgehalten werden kann.
Die Infektion hat nicht nur die Weltbevölkerung in Angst und Schre-
cken versetzt, sehr rasch wurde sie auch zum Anlass für internationale
Schuldzuweisungen. Vor allem aber hat sie die politisch Verantwortlichen
in den betroffenen Ländern zu einem raschen Handeln gezwungen. Dabei
wurden Maßnahmen gesetzt, die weit, vielleicht auch zu weit, in verbürgte
Grundrechte der Menschen eingegriffen haben. Inwiefern dies tatsächlich
der Fall war und ob die Eingriffe wirklich erforderlich waren, wird sich
erst im Nachhinein herausstellen. Die Notwendigkeit vieler Maßnahmen
wird sich vielleicht nie im wissenschaftlichen Sinn beweisen lassen, weil es
an Vergleichsmöglichkeiten fehlt, an Fällen nämlich, wo Staaten nachhal-
tig darauf vertraut haben, der Erkrankung ohne Schutzmaßnahmen Herr
zu werden. Mit Sicherheit lässt sich aber schon jetzt sagen, dass die Maß-
nahmen dort, wo sie gesetzt und auch von der Bevölkerung eingehalten
wurden, Wirkung gezeigt haben. In diesem Zusammenhang hat der Ein-
druck Unbehagen erzeugt, Politiker würden Ängste in der Bevölkerung
auch bewusst schüren, um eine möglichst widerspruchslose Akzeptanz der
Maßnahmen bei der Bevölkerung zu fördern.
Als weitere Problemzone wird immer mehr die mit dem Shutdown ver-
bundene soziale Isolation von Menschen in Alten- und Pflegeheimen so-
wie in Krankenhäusern und Kliniken sichtbar. Dabei ging es nicht nur um
Besuche durch Angehörige, sondern auch um den seelsorglichen Zugang,
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https://doi.org/10.5771/9783748910589, am 02.10.2020, 10:33:08
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Die Corona-Pandemie
Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Title
- Die Corona-Pandemie
- Subtitle
- Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Authors
- Wolfgang Kröll
- Johann Platzer
- Hans-Walter Ruckenbauer
- Editor
- Walter Schaupp
- Publisher
- Nomos Verlagsgesellschaft
- Location
- Baden-Baden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-1058-9
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 448
- Keywords
- Philosophie, Theologie, Gesellschaft, Gesundheitssystem, Biopolitik, Menschenwürde, Bioethik, Intensivmedizin, Gesundheitsethik, Covid-19, Triage, Ethik, Strafrecht und Grundrechte, Krankenhausseelsorge, Spiritual Care, Pflegeheim, Social Distancing
- Categories
- Coronavirus
- Medizin
- Recht und Politik