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hoben, dass Entscheidungen dieser Art von einer rechtsethischen und
rechtlichen Perspektive nicht gerechtfertigt werden können. Dieses Dilem-
ma sei für Ärztinnen und Ärzte, die solche Entscheidungen treffen müs-
sen, nur über die Anerkennung eines entschuldigenden Notstands (siehe
z. B. §10 Strafgesetzbuch) durch Gesellschaft und Rechtsgemeinschaft be-
wältigbar.
Kommentar
Dem Statement der Bioethikkommission liegt neben grundsätzlichen ethi-
schen Überlegungen ein pragmatischer Zugang zugrunde, der darauf aus-
gerichtet ist, das drohende Dilemma von Triage-Situationen möglichst ab-
zuwenden und im Falle der doch eintretenden Katastrophe begründbare
Handlungsoptionen darzustellen. Zur „Prophylaxe“ einer dilemmatischen
Situation wird im Wesentlichen auf allgemein gültige Richtlinien zur The-
rapieentscheidung referenziert, gleichzeitig aber darauf verwiesen, dass die
Verantwortung zur Vermeidung einer katastrophalen Situation nicht nur
bei der Medizin, sondern bei der Gesellschaft und jedem einzelnen ihrer
Mitglieder liegt. Auf der medizinischen Ebene gilt der Grundsatz „Ratio-
nalisierung vor Rationierung“ in der Prävention, während in der allenfalls
doch eingetretenen Triage-Situation das Thema „Rationierung“ auf Basis
von begründbaren und transparenten Priorisierungen im Vordergrund
steht. Zur Entscheidungsfindung in der Intensivmedizin werden im Fol-
genden einige Erläuterungen ausgeführt.
Prävention einer Triage-Situation
Die Grundsätze für Therapieentscheidungen in der Intensivmedizin gelten
unverändert auch während der Pandemie. Die Beachtung dieser Grundsät-
ze und somit die Vermeidung unverhältnismäßiger Maßnahmen wird im
Statement der Bioethikkommission als wesentliche Basis der Sicherstel-
lung ausreichender Ressourcen gesehen. Für Entscheidungen zur Intensiv-
therapie sind die ethischen Grundprinzipien des Respekts vor der Autono-
mie und Würde des Patienten, des Handelns zum Wohle des Patienten,
der vorrangigen Vermeidung einer Schädigung, sowie der Gerechtigkeit
im Umgang mit den verfügbaren Mitteln als wesentlich anzuführen.
3.
3.1 Rationalisierung vor Rationierung
41
https://doi.org/10.5771/9783748910589, am 02.10.2020, 10:33:08
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Die Corona-Pandemie
Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Title
- Die Corona-Pandemie
- Subtitle
- Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Authors
- Wolfgang Kröll
- Johann Platzer
- Hans-Walter Ruckenbauer
- Editor
- Walter Schaupp
- Publisher
- Nomos Verlagsgesellschaft
- Location
- Baden-Baden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-1058-9
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 448
- Keywords
- Philosophie, Theologie, Gesellschaft, Gesundheitssystem, Biopolitik, Menschenwürde, Bioethik, Intensivmedizin, Gesundheitsethik, Covid-19, Triage, Ethik, Strafrecht und Grundrechte, Krankenhausseelsorge, Spiritual Care, Pflegeheim, Social Distancing
- Categories
- Coronavirus
- Medizin
- Recht und Politik