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überhaupt existent sind –, ist nicht bekannt. Die Vermutung ist, auch hier
mussten die Pflegenden mit ihren Führungsverantwortlichen auf der Mi-
kroebene entscheiden bzw. mit den internen und externen Vorgaben zu-
rechtkommen. Ein positives Beispiel stellt z. B. die Hilfe im Alter dar, ein
Altenhilfeträger der Inneren Mission München. Der trägerweite Ethikbei-
rat hat gerade eine Stellungnahme zur Coronakrise11 veröffentlicht, die ne-
ben guten Gründen für das Vorgehen in den Einrichtungen auch die For-
derung nach gesundheitspolitischer Unterstützung veröffentlichte.
Parallel begannen sich die deutschsprachigen Medizinethiker*innen
und Ethikberater*innen in wöchentlichen Videokonferenzen zu vernet-
zen. Der erste Themenschwerpunkt war eine mögliche Triage/Zuteilung
der Intensivressourcen im Falle von Knappheit. Schon beim dritten Tref-
fen wurde, da die Krise nicht zu den Intensivstationen gelangte, die Situa-
tion in den Altenpflegeheimen zum Thema – entzündet an den allgemei-
nen Besuchsregelungen in den Krankenhäusern und Heimen. Viele der Be-
teiligten suchten schnell und lösungsorientiert nach ‚models of good prac-
tice‘, um mit den Vorgaben und Auflagen umzugehen. Vielfach wurden
Mut und Flexibilität eingefordert – ganz im aristotelischen Modell der Tu-
gendethik –, um die Krise, die Konflikte und Wertverstöße individuell zu
bearbeiten.
Diskussionspapier und pflegeethische Reflexionen der AEM
Die beiden Arbeitsgruppen „Pflege und Ethik“ der Fachgesellschaft Akade-
mie für Ethik in der Medizin (AEM) hatten sich angesichts dieses Diskussi-
onsverlaufs entschlossen, dieser pragmatischen und aus dem Handlungs-
druck heraus verständlichen Position eine erweiterte (pflege-)ethische Re-
flexion dazuzustellen und in ein Diskussionspapier12 zu fassen. Dadurch
sollten für die eine oder andere Entscheidung oder Konfliktlösung eine an-
gemessene Begründung für die Kommunikation mit Bewohner*innen, de-
3.
11 Die Stellungnahme vom 09.06.20 ist noch nicht online, aber über die Fachstelle
SPES erhältlich; Kontaktdaten: https://www.im-muenchen.de/index.php?id=587.
12 Das schon erwähnte Papier konnte am 12.05.2020, dem Welttag der Pflege, veröf-
fentlicht werden; an der Erstellung dieses Papiers hatten mitgewirkt: Heidi Albis-
ser Schleger (Basel), Constanze Giese (München), Stefan Dinges (Wien), Georg
Marckmann (München), Ingo Nordmann (Göttingen), Wolfgang Pasch (Düssel-
dorf), Marianne Rabe (Berlin), Annette Riedel (Esslingen), Nina Streeck (Zürich),
Sabine Wöhlke (Göttingen): https://www.aem-online.de/fileadmin/user_upload/2
020_05_12_Pflegeethische_Reflexion_Papier.pdf [21.06.2020].
Corona und die Alten – um wen sorgen wir uns wirklich?
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https://doi.org/10.5771/9783748910589, am 02.10.2020, 10:33:08
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Die Corona-Pandemie
Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Title
- Die Corona-Pandemie
- Subtitle
- Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Authors
- Wolfgang Kröll
- Johann Platzer
- Hans-Walter Ruckenbauer
- Editor
- Walter Schaupp
- Publisher
- Nomos Verlagsgesellschaft
- Location
- Baden-Baden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-1058-9
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 448
- Keywords
- Philosophie, Theologie, Gesellschaft, Gesundheitssystem, Biopolitik, Menschenwürde, Bioethik, Intensivmedizin, Gesundheitsethik, Covid-19, Triage, Ethik, Strafrecht und Grundrechte, Krankenhausseelsorge, Spiritual Care, Pflegeheim, Social Distancing
- Categories
- Coronavirus
- Medizin
- Recht und Politik