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messen bis ĂĽberhaupt nicht mehr behandelt werden konnten. Kranken-
häuser sahen sich genötigt, Patientinnen und Patienten abzuweisen. Bilder
gingen um die Welt und fĂĽhrten die dramatische Lage, aber auch die
menschlichen Tragödien, die sich abspielten, plastisch vor Augen: völlig
erschöpfte Krankenschwestern und Ärzte; kurzfristig in Krankenstationen
umfunktionierte Messehallen; ĂĽberfĂĽllte Intensivstationen; verzweifelte
Menschen, die ihre sterbenden Angehörigen nicht besuchen durften; Be-
statter, die Leichen von zuhause abholten, wo Menschen allein und ohne
medizinische Versorgung verstorben waren; Kirchen voller Särge; nächtli-
che Konvois von Militär-LKWs, die die Leichen zu den Krematorien in die
benachbarten Regionen transportierten, da die Krematorien in der Lom-
bardei trotz Dauerbetriebs die Leichen der vielen Corona-Opfer nicht
mehr aufnehmen konnten.
Das Positionspapier der SIAARTI
Die italienische Gesellschaft für Anästhesie, Analgesie, Reanimations- und
Intensivmedizin SIAARTI sah sich veranlasst, am 6. März 2020 ein Positi-
onspapier zur Triage zu veröffentlichen, also bereits eine knappe Woche
bevor die italienische Regierung am 12. März 2020 durch weitreichende
Maßnahmen, die das öffentliche Leben fast lahmlegten, versuchte, die wei-
tere Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern. Das Positionspapier der
SIAARTI besteht aus einer hinführenden Einleitung sowie 15 „klinisch-
ethischen Empfehlungen zum Beginn intensivmedizinischer MaĂźnahmen
und zu ihrer Beendigung, unter außerordentlichen Umständen aufgrund
von Ungleichgewicht zwischen Notwendigkeit und verfĂĽgbaren Ressour-
cen“.
In der Einleitung wird ausgefĂĽhrt, dass aufgrund der zu erwartenden
Verschärfung der Situation – Zunahme der Infektionen sowie der Um-
stand, dass ca. zehn Prozent der infizierten Patientinnen und Patienten
eine intensivmedizinische Behandlung mit invasiver oder nicht-invasiver
Beatmung benötigen – die Kriterien zur Aufnahme sowie zur Beendigung
einer intensivmedizinischen Behandlung sich „nicht mehr strikt nach der
klinischen Angemessenheit oder der Verhältnismäßigkeit der Therapie
richten, sondern auch möglichst Verteilungsgerechtigkeit und die zweck-
mäßige Zuweisung von medizinischen Ressourcen in Betracht ziehen“
2.
Martin M. Lintner
90
https://doi.org/10.5771/9783748910589, am 02.10.2020, 10:33:08
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Die Corona-Pandemie
Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Title
- Die Corona-Pandemie
- Subtitle
- Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Authors
- Wolfgang Kröll
- Johann Platzer
- Hans-Walter Ruckenbauer
- Editor
- Walter Schaupp
- Publisher
- Nomos Verlagsgesellschaft
- Location
- Baden-Baden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-1058-9
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 448
- Keywords
- Philosophie, Theologie, Gesellschaft, Gesundheitssystem, Biopolitik, MenschenwĂĽrde, Bioethik, Intensivmedizin, Gesundheitsethik, Covid-19, Triage, Ethik, Strafrecht und Grundrechte, Krankenhausseelsorge, Spiritual Care, Pflegeheim, Social Distancing
- Categories
- Coronavirus
- Medizin
- Recht und Politik