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(Vergano et al. 202012). Ausdrücklich wird von „Kriterien einer maximalen
Triage“ gesprochen sowie auf den Bereich der Katastrophenmedizin ver-
wiesen, „für welche die Ethik im Laufe der Zeit konkrete Empfehlungen
für Ärzte und Pflegepersonal, die vor schwierigen Entscheidungen stehen,
erarbeitet hat“. Mit Verweis auf das Prinzip der Verhältnismäßigkeit der
Behandlung, das auf den Kontext eines Mangels an medizinischen Res-
sourcen auszudehnen sei, sei „danach [zu] trachten, intensivmedizinische
Behandlung für jene Patienten zu garantieren, die die größte Wahrschein-
lichkeit für einen therapeutischen Erfolg haben: man bevorzugt die ‚höchs-
te Überlebenswahrscheinlichkeit‘.“ Als Kriterien für die Aufnahme einer
intensivmedizinischen Betreuung werden zudem genannt: „die Art und
Schwere der Erkrankung, das Vorhandensein von Komorbiditäten, die Be-
einträchtigung von anderen Organfunktionen und deren Reversibilität“.
Abgelehnt wird ausdrücklich das First Come, First Served-Prinzip. Betont
wird, dass das
„Vorhandensein von Ressourcen für den Einzelfall solange nicht Teil
des Entscheidungsprozesses ist, bis der Mangel an Ressourcen so mas-
siv wird, dass man nicht die Behandlung aller Patienten, die von einer
Behandlung hypothetisch profitieren könnten, sicherstellen kann“,
und dass
„die Anwendung von Rationierungsmaßnahmen nur dann gerechtfer-
tigt sein kann, wenn seitens aller involvierter Stellen (vor allem der
‚Krisenstäbe‘ und der Krankenhaus-Führungsgremien) alle Anstren-
gungen unternommen wurden, um die Verfügbarkeit der medizini-
schen Behandlung zu steigern (im konkreten Sachverhalt, Intensivbet-
ten), und nachdem jede Möglichkeit einer Verlegung von Patienten in
Zentren mit mehr freier Kapazität beurteilt wurde“.
Die Änderung der Aufnahmekriterien müsse zudem „so weit als möglich
von den betroffenen Mitarbeitern mitgetragen werden“ und „aufgrund
von Transparenzkriterien und um das Vertrauen in die öffentliche Ge-
sundheitsversorgung zu gewähren“ den betroffenen Patienten und ihren
Angehörigen mitgeteilt werden. Die 15 folgenden Empfehlungen sollen
zwei Zielen dienen: „den Ärzten einen Teil der Last ihrer Entscheidungen
12 Die deutschsprachigen Zitate aus diesem Dokument folgen weitestgehend der Ar-
beitsübersetzung von Lukas Gasteiger (http://www.provinz.bz.it/gesundheit-leben
/gesundheit/ethik-und-gesundheit.asp?news_action=300&news_image_id=106175
3 [09.05.2020]). Das Triage-Problem in Italien während der COVID-19-Pandemie
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https://doi.org/10.5771/9783748910589, am 02.10.2020, 10:33:08
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Die Corona-Pandemie
Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Title
- Die Corona-Pandemie
- Subtitle
- Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Authors
- Wolfgang Kröll
- Johann Platzer
- Hans-Walter Ruckenbauer
- Editor
- Walter Schaupp
- Publisher
- Nomos Verlagsgesellschaft
- Location
- Baden-Baden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-1058-9
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 448
- Keywords
- Philosophie, Theologie, Gesellschaft, Gesundheitssystem, Biopolitik, Menschenwürde, Bioethik, Intensivmedizin, Gesundheitsethik, Covid-19, Triage, Ethik, Strafrecht und Grundrechte, Krankenhausseelsorge, Spiritual Care, Pflegeheim, Social Distancing
- Categories
- Coronavirus
- Medizin
- Recht und Politik