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Für die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung war aus der interpretier-
baren Zulässigkeit, zum Gericht zu gelangen, jedoch mitunter wenig ge-
wonnen, weil potentielle Zuhörer es zwar bis zum Gericht schafften, aber
nicht in das (verschlossene) Gebäude gelangten bzw. die Sicherheitskon-
trolle eine für sie unüberwindliche Schranke bildete. Damit kam es fak-
tisch infolge der COVID-19-Maßnahmen zumindest in den ersten Wochen
nach dem Shut Down zu keinen öffentlichen Hauptverhandlungen, ob-
wohl Hauptverhandlungen durchgeführt wurden. Dies ist unter rechtli-
chen Aspekten, insbesondere mit Blick auf die Grundrechte unverhältnis-
mäßig und bedenklich.
Maßnahmen im Bereich des Strafvollzugs
Das bereits erwähnte 1. COVID-19-JuBG hat der BMJ auch im Bereich des
Strafvollzugs verschiedene Verordnungsermächtigungen eingeräumt.
Durch den Verweis auf die sinngemäße Anwendung des I. Hauptstücks
des genannten Gesetzes stehen diese unter dem Leitgedanken, „einerseits
die Gefahr eines Übergreifens des Virus auf den Strafvollzug möglichst
hintanzuhalten, andererseits aber auch das System des Strafvollzugs, ein-
schließlich seiner rechtsstaatlichen Garantien, möglichst aufrechtzuerhal-
ten bzw. zu bewahren, um so bestmöglich zur Sicherheit der Allgemein-
heit, aber nicht zuletzt auch der Strafvollzugsbediensteten und der im
Strafvollzug befindlichen Personen beizutragen“.37 Die folgenden Ausfüh-
rungen betreffen beispielshaft die Möglichkeiten zum Haftaufschub sowie
die Einschränkungen des Besuchsverkehrs gegenüber Gefangenen, um die
Frage, inwieweit die COVID-19-Maßnahmen im Bereich des Strafrechts
verhältnismäßig waren, abzurunden.38
Möglichkeiten zum Haftaufschub
§10 Z 1 1. COVID-19-JuBG erlaubt es der BMJ, per Verordnung das Unter-
bleiben der Aufforderung zum Strafantritt für einen auf freiem Fuß befindli-
chen rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe Verurteilten (§3 Abs.2 erster
4.
4.1
37 Initiativantrag (IA) Nr.397/A 27. GP S.39.
38 Zu den anderen Änderungen im Bereich des Strafvollzugs siehe Birklbauer in
Resch, Corona-HB Kap 16 Rz 79ff.
Alois Birklbauer
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https://doi.org/10.5771/9783748910589, am 02.10.2020, 10:33:08
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Die Corona-Pandemie
Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Title
- Die Corona-Pandemie
- Subtitle
- Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Authors
- Wolfgang Kröll
- Johann Platzer
- Hans-Walter Ruckenbauer
- Editor
- Walter Schaupp
- Publisher
- Nomos Verlagsgesellschaft
- Location
- Baden-Baden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-1058-9
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 448
- Keywords
- Philosophie, Theologie, Gesellschaft, Gesundheitssystem, Biopolitik, Menschenwürde, Bioethik, Intensivmedizin, Gesundheitsethik, Covid-19, Triage, Ethik, Strafrecht und Grundrechte, Krankenhausseelsorge, Spiritual Care, Pflegeheim, Social Distancing
- Categories
- Coronavirus
- Medizin
- Recht und Politik