Page - 14 - in Das Schloss
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ein wenig hellhöriger als früher, freute sich K. über die offenen Worte. Er
bewegte sich freier, stützte seinen Stock einmal hier, einmal dort auf, näherte
sich der Frau im Lehnstuhl, war übrigens auch der körperlich Größte im
Zimmer.
»Gewiß«, sagte K., »wozu brauchtet ihr Gäste. Aber hier und da braucht
man doch einen, zum Beispiel mich, den Landvermesser.« – »Das weiß ich
nicht«, sagte der Mann langsam, »hat man Euch gerufen, so braucht man
Euch wahrscheinlich, das ist wohl eine Ausnahme, wir aber, wir kleinen
Leute, halten uns an die Regel, das könnt Ihr uns nicht verdenken.« – »Nein,
nein«, sagte K., »ich habe Euch nur zu danken, Euch und allen hier.« Und
unerwartet für jedermann kehrte sich K. förmlich in einem Sprunge um und
stand vor der Frau. Aus mĂĽden, blauen Augen blickte sie K. an, ein seidenes,
durchsichtiges Kopftuch reichte ihr bis in die Mitte der Stirn hinab, der
Säugling schlief an ihrer Brust. »Wer bist du?« fragte K. Wegwerfend – es
war undeutlich, ob die Verächtlichkeit K. oder ihrer eigenen Antwort galt –
sagte sie: »Ein Mädchen aus dem Schloß.«
Das alles hatte nur einen Augenblick gedauert, schon hatte K. rechts und
links einen der Männer und wurde, als gäbe es kein anderes
Verständigungsmittel, schweigend, aber mit aller Kraft zur Tür gezogen. Der
Alte freute sich über irgend etwas dabei und klatschte in die Hände. Auch die
Wäscherin lachte bei den plötzlich wie toll lärmenden Kindern.
K. aber stand bald auf der Gasse, die Männer beaufsichtigten ihn von der
Schwelle aus. Es fiel wieder Schnee; trotzdem schien es ein wenig heller zu
sein. Der Vollbärtige rief ungeduldig: »Wohin wollt Ihr gehen? Hier führt es
zum Schloß, hier zum Dorf.« Ihm antwortete K. nicht, aber zu dem anderen,
der ihm trotz seiner Überlegenheit der Umgänglichere schien, sagte er: »Wer
seid Ihr? Wem habe ich für den Aufenthalt zu danken?« – »Ich bin der
Gerbermeister Lasemann«, war die Antwort, »zu danken habt Ihr aber
niemandem.« – »Gut«, sagte K., »vielleicht werden wir noch
zusammenkommen.« – »Ich glaube nicht«, sagte der Mann. In diesem
Augenblick rief der Vollbärtige mit erhobener Hand: »Guten Tag, Artur, guten
Tag, Jeremias!« K. wandte sich um, es zeigten sich in diesem Dorf also doch
noch Menschen auf der Gasse! Aus der Richtung vom Schlosse her kamen
zwei junge Männer von mittlerer Größe, beide sehr schlank, in engen
Kleidern, auch im Gesicht einander sehr ähnlich. Die Gesichtsfarbe war ein
dunkles Braun, von dem ein Spitzbart in seiner besonderen Schwärze dennoch
abstach. Sie gingen bei diesen Straßenverhältnissen erstaunlich schnell,
warfen im Takt die schlanken Beine. »Was habt ihr?« rief der Vollbärtige.
Man konnte sich nur rufend mit ihnen verständigen, so schnell gingen sie und
hielten nicht ein. »Geschäfte!« riefen sie lachend zurück. »Wo?« – »Im
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Das Schloss
- Title
- Das Schloss
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1926
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 246
- Keywords
- Roman, Literatur, Schriftsteller
- Categories
- Weiteres Belletristik