Page - 81 - in Das Schloss
Image of the Page - 81 -
Text of the Page - 81 -
Und für die Gewährung eines eventuellen Gehaltes machen natürlich solche
Bemerkungen wenig Stimmung. Auch merke ich leider, daß mir Ihr
Benehmen noch viel zu schaffen geben wird; die ganze Zeit über verhandeln
Sie ja mit mir – ich sehe es immerfort an und glaube es fast nicht – in Hemd
und Unterhosen.« – »Ja«, rief K. lachend und schlug in die Hände, »die
entsetzlichen Gehilfen! Wo bleiben sie denn?« Frieda eilte zur Tür; der
Lehrer, der merkte, daß nun K. für ihn nicht mehr zu sprechen war, fragte
Frieda, wann sie in die Schule einziehen würden. »Heute«, sagte Frieda.
»Dann komme ich morgen früh revidieren«, sagte der Lehrer, grüßte durch
Handwinken, wollte durch die Tür, die Frieda für sich geöffnet hatte,
hinausgehen, stieß aber mit den Mägden zusammen, die schon mit ihren
Sachen kamen, um sich im Zimmer wieder einzurichten. Er mußte zwischen
ihnen, die vor niemandem zurückgewichen wären, durchschlüpfen, Frieda
folgte ihm. »Ihr habt es aber eilig«, sagte K., der diesmal sehr zufrieden mit
ihnen war, »wir sind noch hier, und ihr müßt schon einrücken?« Sie
antworteten nicht und drehten nur verlegen ihre Bündel, aus denen K. die
wohlbekannten schmutzigen Fetzen hervorhängen sah. »Ihr habt wohl euere
Sachen noch niemals gewaschen«, sagte K., es war nicht böse, sondern mit
einer gewissen Zuneigung gesagt. Sie merkten es, öffneten gleichzeitig ihren
harten Mund, zeigten die schönen, starken, tiermäßigen Zähne und lachten
lautlos. »Nun kommt«, sagte K., »richtet euch ein, es ist ja euer Zimmer.« Als
sie aber noch immer zögerten – ihr Zimmer schien ihnen wohl allzusehr
verwandelt -, nahm K. eine beim Arm, um sie weiterzuführen. Aber er ließ sie
gleich los, so erstaunt war beider Blick, den sie, nach einer kurzen
gegenseitigem Verständigung, nun nicht mehr von K. wandten. »Jetzt habt ihr
mich aber lange genug angesehen«, sagte K., irgendein unangenehmes Gefühl
abwehrend, nahm Kleider und Stiefel, die eben Frieda, schüchtern von den
Gehilfen gefolgt, gebracht hatte, und zog sich an. Unbegreiflich war ihm
immer, und jetzt wieder, die Geduld, die Frieda mit den Gehilfen hatte. Sie
hatte sie, die doch die Kleider im Hof hätten putzen sollen, nach längerem
Suchen friedlich unten beim Mittagessen gefunden, die ungeputzten Kleider
vor sich zusammengepreßt auf dem Schoß, sie hatte dann selbst alles putzen
müssen; und doch zankte sie, die gemeines Volk gut zu beherrschen wußte,
gar nicht mit ihnen, erzählte überdies in ihrer Gegenwart von ihrer großen
Nachlässigkeit wie von einem kleinen Scherz und klopfte gar noch dem einen
leicht, wie schmeichelnd, auf die Wange. K. wollte ihr nächstens darüber
Vorhaltungen machen. Jetzt aber war es höchste Zeit, wegzugehen. »Die
Gehilfen bleiben hier, dir bei der Übersiedlung zu helfen«, sagte K. Sie waren
allerdings nicht damit einverstanden; satt und fröhlich, wie sie waren, hätten
sie sich gern ein wenig Bewegung gemacht. Erst als Frieda sagte: »Gewiß, ihr
bleibt hier«, fügten sie sich. »Weißt du, wohin ich gehe?« fragte K. »Ja«,
sagte Frieda. »Und du hältst mich also nicht mehr zurück?« fragte K. »Du
81
back to the
book Das Schloss"
Das Schloss
- Title
- Das Schloss
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1926
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 246
- Keywords
- Roman, Literatur, Schriftsteller
- Categories
- Weiteres Belletristik