Page - 161 - in Das Schloss
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bis auf Amalia und mich, waren sehr lebhaft, der Vater erzählte immerfort
von dem Fest, er hatte hinsichtlich der Feuerwehr verschiedene Pläne, im
Schloß ist nämlich eine eigene Feuerwehr, die zu dem Fest auch eine
Abordnung geschickt hatte, mit der manches besprochen worden war, die
anwesenden Herren aus dem Schloß hatten die Leistungen unserer Feuerwehr
gesehen, sich sehr günstig über sie ausgesprochen, die Leistungen der
Schloßfeuerwehr damit verglichen, das Ergebnis war uns günstig, man hatte
von der Notwendigkeit einer Neuorganisation der Schloßfeuerwehr
gesprochen, dazu waren Instruktoren aus dem Dorf nötig, es kamen zwar
einige dafür in Betracht, aber der Vater hatte doch Hoffnung, daß die Wahl
auf ihn fallen werde. Davon sprach er nun, und wie es so seine liebe Art war,
sich bei Tisch recht auszubreiten, saß er da, mit den Armen den halben Tisch
umfassend, und wie er aus dem offenen Fenster zum Himmel aufsah, war sein
Gesicht so jung und hoffnungsfreudig; niemals mehr sollte ich ihn so sehen.
Da sagte Amalia mit einer Überlegenheit, die wir an ihr nicht kannten,
solchen Reden der Herren müsse man nicht sehr vertrauen, die Herren pflegen
bei derartigen Gelegenheiten gern etwas Gefälliges zu sagen, aber Bedeutung
habe das wenig oder gar nicht, kaum gesprochen, sei es schon für immer
vergessen, freilich bei der nächsten Gelegenheit gehe man ihnen wieder auf
den Leim. Die Mutter verwies ihr solche Reden, der Vater lachte nur über ihre
Altklugheit und Vielerfahrenheit, dann aber stutzte er, schien etwas zu suchen,
dessen Fehlen er erst jetzt merkte, aber es fehlte doch nichts, und sagte:
Brunswick habe etwas von einem Boten und einem zerrissenen Brief erzählt,
und er fragte, ob wir etwas davon wußten, wen es betreffe und wie es sich
damit verhalte. Wir schwiegen, Barnabas, damals noch jung wie ein
Lämmchen, sagte irgend etwas besonders Dummes oder Keckes, man sprach
von anderem, und die Sache kam in Vergessenheit.«
Amalias Strafe
»Aber kurz darauf wurden wir schon von allen Seiten mit Fragen wegen
der Briefgeschichte überschüttet, es kamen Freunde und Feinde, Bekannte
und Fremde; man blieb aber nicht lange, die besten Freunde verabschiedeten
sich am allereiligsten. Lasemann, immer sonst langsam und würdig, kam
herein, so, als wolle er nur das Ausmaß der Stube prüfen, ein Blick im
Umkreis, und er war fertig, es sah wie ein schreckliches Kinderspiel aus, als
Lasemann sich flüchtete und der Vater von anderen Leuten sich losmachte
und hinter ihm her eilte bis zur Schwelle des Hauses und es dann aufgab;
Brunswick kam und kündigte dem Vater; er wolle sich selbständig machen,
sagte er ganz ehrlich, ein kluger Kopf, der den Augenblick zu nützen
verstand; Kundschaften kamen und suchten in Vaters Lagerraum ihre Stiefel
hervor, die sie zur Reparatur hier liegen hatten, zuerst versuchte der Vater, die
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Das Schloss
- Title
- Das Schloss
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1926
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 246
- Keywords
- Roman, Literatur, Schriftsteller
- Categories
- Weiteres Belletristik