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Das Schloss
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auf, unsere Mittel waren fast zu Ende, und gerade in jener Zeit begann die Verachtung für uns, wie du sie kennst, sich zu entwickeln. Man merkte, daß wir nicht die Kraft hatten, uns aus der Briefgeschichte herauszuarbeiten, und man nahm uns das sehr übel, man unterschätzte nicht die Schwere unseres Schicksals, obwohl man es nicht genau kannte, man wußte, daß man selbst die Probe wahrscheinlich nicht besser bestanden hätte als wir, aber um so notwendiger war es, sich von uns völlig zu trennen; man hätte, wenn wir es überwunden hätten, uns entsprechend hoch geehrt, da es uns aber nicht gelungen war, tat man das, was man bisher nur vorläufig getan hatte, endgültig: Man schloß uns aus jedem Kreise aus. Nun sprach man von uns nicht mehr wie von Menschen, unser Familienname wurde nicht mehr genannt; wenn man von uns sprechen mußte, nannte man uns nach Barnabas, dem Unschuldigsten von uns, selbst unsere Hütte geriet in Verruf, und wenn du dich prüfst, wirst du gestehen, daß auch du beim ersten Eintritt die Berechtigung dieser Verachtung zu merken glaubtest; später, als wieder manchmal Leute zu uns kamen, rümpften sie die Nase über ganz belanglose Dinge, etwa darüber, daß die kleine Öllampe dort über dem Tisch hing. Wo sollte sie denn anders hängen als über dem Tisch, ihnen aber erschien es unerträglich. Hängten wir aber die Lampe anderswohin, änderte sich doch nichts an ihrem Widerwillen. Alles, was wir waren und hatten, traf die gleiche Verachtung.« Bittgänge »Und was taten wir unterdessen? Das Schlimmste, was wir hätten tun können, etwas, wofür wir gerechter hätten verachtet werden dürfen, als wofür es wirklich geschah: Wir verrieten Amalia, wir rissen uns los von ihrem schweigenden Befehl, wir konnten nicht mehr so weiterleben, ganz ohne Hoffnung konnten wir nicht leben, und wir begannen, jeder auf seine Art, das Schloß zu bitten oder zu bestürmen, es möge uns verzeihen. Wir wußten zwar, daß wir nicht imstande waren, etwas gutzumachen, wir wußten auch, daß die einzige hoffnungsvolle Verbindung, die wir mit dem Schloß hatten, die Sortinis, des unserem Vater geneigten Beamten, eben durch die Ereignisse uns unzugänglich geworden war, trotzdem machten wir uns an die Arbeit. Der Vater begann, es begannen die sinnlosen Bittwege zum Vorsteher, zu den Sekretären, den Advokaten, den Schreibern, meistens wurde er nicht empfangen, und wenn er durch List oder Zufall doch empfangen wurde – wie jubelten wir bei solcher Nachricht und rieben uns die Hände -, wurde er äußerst schnell abgewiesen und nie wieder empfangen. Es war auch allzu leicht, ihm zu antworten, das Schloß hat es immer so leicht. Was wollte er denn? Was war ihm geschehen? Wofür wollte er eine Verzeihung? Wann und von wem war denn im Schloß auch nur ein Finger gegen ihn gerührt worden? 168
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Das Schloss
Title
Das Schloss
Author
Franz Kafka
Date
1926
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
246
Keywords
Roman, Literatur, Schriftsteller
Categories
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