Page - 185 - in Das Schloss
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einmal ein Schloßangestellter, nicht einsehen kannst, daß ein solcher Dienst
eine harte Arbeit ist und daß es sehr unrecht ist, mutwillig, fast kindisch dem
Arbeiter die Arbeit so zu erschweren, wie du es getan hast. Diese
Rücksichtslosigkeit, mit der du uns am Gitter frieren ließest, oder wie du
Artur, einen Menschen, den ein böses Wort tagelang schmerzt, mit der Faust
auf der Matratze fast erschlagen hast oder wie du mich am Nachmittag kreuz
und quer durch den Schnee jagtest, daß ich dann eine Stunde brauchte, um
mich von der Hetze zu erholen. Ich bin doch nicht mehr jung!« – »Lieber
Jeremias«, sagte K., »mit dem allem hast du recht, nur solltest du es bei
Galater vorbringen. Er hat euch aus eigenem Willen geschickt, ich habe euch
nicht von ihm erbeten. Und da ich euch nicht verlangt habe, konnte ich euch
auch wieder zurückschicken und hätte es auch lieber in Frieden getan als mit
Gewalt, aber ihr wolltet es offenbar nicht anders. Warum hast du übrigens
nicht gleich, als ihr zu mir kamt, so offen gesprochen wie jetzt?« – »Weil ich
im Dienst war«, sagte Jeremias, »das ist doch selbstverständlich.« – »Und
jetzt bist du nicht mehr im Dienst?« fragte K. »Jetzt nicht mehr«, sagte
Jeremias, »Artur hat im Schloß den Dienst aufgesagt, oder es ist zumindest
das Verfahren im Gang, das uns von ihm endgültig befreien soll.« – »Aber du
suchst mich doch noch so, als wärest du im Dienst«, sagte K. »Nein«, sagte
Jeremias, »ich suche dich nur, um Frieda zu beruhigen. Als du sie nämlich
wegen der Barnabasschen Mädchen verlassen hast, war sie sehr unglücklich,
nicht so sehr wegen des Verlustes als wegen deines Verrates; allerdings hatte
sie es schon lange kommen gesehen und schon viel deshalb gelitten. Ich kam
gerade wieder einmal zum Schulfenster, um nachzusehen, ob du doch
vielleicht schon vernünftiger geworden seist. Aber du warst nicht dort, nur
Frieda saß in einer Schulbank und weinte. Da ging ich also zu ihr, und wir
einigten uns. Es ist auch schon alles ausgeführt. Ich bin Zimmerkellner im
Herrenhof, wenigstens solange meine Sache im Schloß nicht erledigt ist, und
Frieda ist wieder im Ausschank. Es ist für Frieda besser. Es lag für sie keine
Vernunft darin, deine Frau zu werden. Auch hast du das Opfer, das sie dir
bringen wollte, nicht zu würdigen verstanden. Nun hat aber die Gute noch
immer manchmal Bedenken, ob dir nicht unrecht geschehen ist, ob du
vielleicht doch nicht bei den Barnabasschen warst. Obwohl natürlich gar kein
Zweifel darin sein konnte, wo du warst, bin ich doch noch gegangen, es ein
für allemal festzustellen; denn nach all den Aufregungen verdient es Frieda
endlich einmal, ruhig zu schlafen, ich allerdings auch. So bin ich also
gegangen und habe nicht nur dich gefunden, sondern nebenbei auch noch
sehen können, daß dir die Mädchen wie am Schnürchen folgen. Besonders die
Schwarze, eine wahre Wildkatze, hat sich für dich eingesetzt. Nun, jeder nach
seinem Geschmack. Jedenfalls aber war es nicht nötig, daß du den Umweg
über den Nachbargarten gemacht hast, ich kenne den Weg.«
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Das Schloss
- Title
- Das Schloss
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1926
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 246
- Keywords
- Roman, Literatur, Schriftsteller
- Categories
- Weiteres Belletristik