Page - 224 - in Das Schloss
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Respekt, mit welchem K. von den Herren sprach, stimmten ihm den Wirt
günstig. Er schien schon K.s Bitte, ein Brett auf die Fässer legen und dort
wenigstens bis zur Morgendämmerung schlafen zu dürfen, erfüllen zu wollen,
die Wirtin war aber deutlich dagegen, an ihrem Kleid, dessen Unordnung ihr
erst jetzt zu Bewußtsein gekommen war, hier und dort nutzlos rückend,
schüttelte sie immer wieder den Kopf; ein offenbar alter Streit, die
Reinlichkeit des Hauses betreffend, war wieder daran, auszubrechen. Für K.
in seiner Müdigkeit nahm das Gespräch des Ehepaares übergroße Bedeutung
an. Von hier weggetrieben zu werden schien ihm ein alles bisher Erlebte
übersteigendes Unglück zu sein. Das durfte nicht geschehen, selbst wenn Wirt
und Wirtin sich gegen ihn einigen sollten. Lauernd sah er,
zusammengekrümmt auf dem Faß, die beiden an, bis die Wirtin in ihrer
ungewöhnlichen Empfindlichkeit, die K. längst aufgefallen war, plötzlich
beiseite trat und – wahrscheinlich hatte sie mit dem Wirt schon von anderen
Dingen gesprochen – ausrief: »Wie er mich ansieht! Schick ihn doch endlich
fort!« K. aber, die Gelegenheit ergreifend, und nun völlig, fast bis zur
Gleichgültigkeit davon überzeugt, daß er bleiben werde, sagte: »Ich sehe dich
nicht an, nur dein Kleid.«
»Warum mein Kleid?« fragte die Wirtin erregt. K. zuckte die Achseln.
»Komm!« sagte die Wirtin zum Wirt. »Er ist ja betrunken, der Lümmel.
Laß ihn hier seinen Rausch ausschlafen!« Und sie befahl noch Pepi, die auf
ihren Ruf hin aus dem Dunkel auftauchte, zerrauft, müde, einen Besen lässig
in der Hand, K. irgendein Kissen hinzuwerfen.
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Das Schloss
- Title
- Das Schloss
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1926
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 246
- Keywords
- Roman, Literatur, Schriftsteller
- Categories
- Weiteres Belletristik