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Das Schloss
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MĂ€dchen gerade aus ihrer Gruppe AusschankmĂ€dchen wird, und dann hĂ€tte ihnen ja Pepi spĂ€ter, wenn sie zur Macht gekommen wĂ€re, manche Vorteile verschaffen können. Eines der MĂ€dchen hatte seit langem einen teueren Stoff liegen, es war ihr Schatz, öfters hatte sie ihn von den anderen bewundern lassen, trĂ€umte wohl davon, ihn einmal fĂŒr sich großartig zu verwenden und – das war sehr schön von ihr gehandelt – jetzt, da ihn Pepi brauchte, opferte sie ihn. Und beide halfen ihr bereitwilligst beim NĂ€hen, hĂ€tten sie es fĂŒr sich genĂ€ht, sie hĂ€tten nicht eifriger sein können. Das war sogar eine sehr fröhliche, beglĂŒckende Arbeit. Sie saßen, jede auf ihrem Bett, eine ĂŒber der anderen, nĂ€hten und sangen und reichten einander die fertigen Teile und das Zubehör hinauf und hinab. Wenn Pepi daran denkt, fĂ€llt es ihr immer schwerer aufs Herz, daß alles vergeblich war und daß sie mit leeren HĂ€nden wieder zu ihren Freundinnen kommt! Was fĂŒr ein UnglĂŒck und wie leichtsinnig verschuldet, vor allem von K.! Wie sich damals alle freuten ĂŒber das Kleid, es schien die BĂŒrgschaft des Gelingens, und wenn sich nachtrĂ€glich noch ein Platz fĂŒr ein BĂ€ndchen fand, verschwand der letzte Zweifel. Und ist es nicht wirklich schön, das Kleid? Es ist jetzt schon verdrĂŒckt und ein wenig fleckig, Pepi hatte eben kein zweites Kleid, hatte Tag und Nacht dieses tragen mĂŒssen, aber noch immer sieht man, wie schön es ist, nicht einmal die verfluchte Barnabassche brĂ€chte ein besseres zustande. Und daß man es nach Belieben zuziehen und wieder lockern kann, oben und unten, daß es also zwar nur ein Kleid ist, aber so verĂ€nderlich – das ist ein besonderer Vorzug und war eigentlich ihre Erfindung. Es ist freilich auch nicht schwer, fĂŒr sie zu nĂ€hen, Pepi rĂŒhmt sich dessen nicht; jungen, gesunden MĂ€dchen paßt ja alles. Viel schwerer war es, WĂ€sche und Stiefel zu beschaffen, und hier beginnt eigentlich der Mißerfolg. Auch hier halfen die Freundinnen aus, so gut sie konnten, aber sie konnten nicht viel. Es war doch nur grobe WĂ€sche, die sie zusammenbrachte und zusammenflickte, und statt gestöckelter Stiefelchen mußte es bei Hausschuhen bleiben, die man lieber versteckt als zeigt. Man tröstete Pepi: Frieda war doch auch nicht sehr schön angezogen, und manchmal zog sie so schlampig herum, daß die GĂ€ste sich lieber von den Kellerburschen servieren ließen als von ihr. So war es tatsĂ€chlich, aber Frieda durfte das tun, sie war schon in Gunst und Ansehen; wenn eine Dame einmal beschmutzt und nachlĂ€ssig angezogen sich zeigt, so ist das um so lockender, aber bei einem Neuling wie Pepi? Und außerdem konnte sich Frieda gar nicht gut anziehen, sie ist ja von allem Geschmack verlassen; hat jemand schon eine gelbliche Haut, so muß er sie freilich behalten, aber er muß nicht, wie Frieda, noch eine tief ausgeschnittene, cremefarbene Bluse dazu anziehen, so daß einem vor lauter Gelb die Augen ĂŒbergingen. Und selbst wenn das nicht gewesen wĂ€re, sie war ja zu geizig, um sich gut anzuziehen; alles, was sie verdiente, hielt sie zusammen, niemand wußte, wofĂŒr. Sie brauchte im Dienst kein Geld, sie kam mit LĂŒgen und 233
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Das Schloss
Title
Das Schloss
Author
Franz Kafka
Date
1926
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
246
Keywords
Roman, Literatur, Schriftsteller
Categories
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