Page - 24 - in Der Bau
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des Glücks führt zu nichts.
Was jetzt zunächst zu tun wäre, wäre eigentlich, den Bau genau auf die
Verteidigung und auf alle bei ihr vorstellbaren Möglichkeiten hin zu
besichtigen, einen Verteidigungs- und einen zugehörigen Bauplan
auszuarbeiten und dann mit der Arbeit gleich, frisch wie ein Junger, zu
beginnen. Das wäre die notwendige Arbeit, für die es, nebenbei gesagt,
natürlich viel zu spät ist, aber die notwendige Arbeit wäre es, und keineswegs
die Grabung irgendeines großen Forschungsgrabens, der eigentlich nur den
Zweck hat, verteidigungslos mich mit allen meinen Kräften auf das
Aufsuchen der Gefahr zu verlegen, in der närrischen Befürchtung, sie könne
nicht bald genug selbst herankommen. Ich verstehe plötzlich meinen früheren
Plan nicht. Ich kann in dem ehemals verständigen nicht den geringsten
Verstand finden, wieder lasse ich die Arbeit und lasse auch das Horchen, ich
will jetzt keine weiteren Verstärkungen entdecken, ich habe genug der
Entdeckungen, ich lasse alles, ich wäre schon zufrieden, wenn ich mir den
inneren Widerstreit beruhigte. Wieder lasse ich mich von meinen Gängen
wegführen, komme in immer entferntere, seit meiner Rückkehr noch nicht
gesehene, von meinen Scharrpfoten noch völlig unberührte, deren Stille
aufwacht bei meinem Kommen und sich über mich senkt. Ich gebe mich nicht
hin, ich eile hindurch, ich weiß gar nicht, was ich suche, wahrscheinlich nur
Zeitaufschub. Ich irre soweit ab, daß ich bis zum Labyrinth komme, es lockt
mich, an der Moosdecke zu horchen, so ferne Dinge, für den Augenblick so
ferne, haben mein Interesse. Ich dringe bis hinauf vor und horche. Tiefe Stille;
wie schön es hier ist, niemand kümmert sich dort um meinen Bau, jeder hat
seine Geschäfte, die keine Beziehung zu mir haben, wie habe ich es
angestellt, das zu erreichen. Hier an der Moosdecke ist vielleicht jetzt die
einzige Stelle an meinem Bau, wo ich stundenlang vergebens horchen kann. –
Eine völlige Umkehrung der Verhältnisse im Bau, der bisherige Ort der
Gefahr ist ein Ort des Friedens geworden, der Burgplatz aber ist
hineingerissen worden in den Lärm der Welt und ihrer Gefahren. Noch
schlimmer, auch hier ist in Wirklichkeit kein Frieden, hier hat sich nichts
verändert, ob still, ob lärmend, die Gefahr lauert wie früher über dem Moos,
aber ich bin unempfindlich gegen sie geworden, allzusehr in Anspruch
genommen bin ich von dem Zischen in meinen Wänden. Bin ich davon in
Anspruch genommen? Es wird stärker, es kommt näher, ich aber schlängle
mich durch das Labyrinth und lagere mich hier oben unter dem Moos, es ist ja
fast, als überließe ich dem Zischer schon das Haus, zufrieden, wenn ich nur
hier oben ein wenig Ruhe habe. Dem Zischer? Habe ich etwa eine neue
bestimmte Meinung über die Ursache des Geräusches? Das Geräusch stammt
doch wohl von den Rinnen, welche das Kleinzeug gräbt? Ist das nicht meine
bestimmte Meinung? Von ihr scheine ich doch noch nicht abgegangen zu
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Der Bau
- Title
- Der Bau
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1931
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 29
- Categories
- Weiteres Belletristik