Page - 100 - in Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800 - Eine andere Literaturgeschichte
Image of the Page - 100 -
Text of the Page - 100 -
OpenAccess © 2019byBÖHLAUVERLAGGMBH&CO.KG,WIENKÖLNWEIMAR
100 KRIEG UND FRIEDEN
11
Wasfürbillälnimbstduey
döäsoburgiern
ägueckhsilbämueßdrei sey
weilsgleydurchMatschiern
gogschwindtkimbtdi slaffnoh
hostdos läffätgädärl
gwisdöteuschburgatio
hatdazrissnänadärl.9
11,1 billäl] Pillen 11,2 burgiern] purgieren: abführen 11,5 slaffn] das Laufen: gemeint ist Diarrhö 11,6 läffät
gädärl] laufendes Katherl: laufende Katharina : gemeint ist Diarrhö 11,7 burgatio] (lat. purgatio) Abführen,
Abführmittel
Zu dieser Verunglimpfung zu der auch diminuierende Benennungen wie Sultl` oder
dirkhl`gehören kommenandereabwertendeStereotypisierungenderTürken.Sowird
von der langen Nase und dem krausen Haar gesprochen sowie auch von einer graussn
[großen] käppn ,und während eigene Kämpferals Löwen, Tigerund Greifen repräsen-
tiert sind, fallenfürdieGegnerseiteBezeichnungenwieEber(aufgrunddesVerbotsdes
Schwein eischverzehrseinebesondersstarkeHerabwürdigung)undTeufel.10
Natürlich hatte die Desavouierung des gefürchteten Feinds eine nicht unbedeutende
Entlastungsfunktion und diente in der kontrastiven Gestaltung vorrangig dazu, ein pa-
triotisch-christliches Gemeinschaftsgefühl zu etablieren, mit den siegreichen Kämpfern
alsvorbildlicheProjektions guren.AufdienichtunumstritteneHaltungdesKaisers,der
aus sicherer Entfernung seines Fluchtorts Linz die Entwicklung abwartete, reagiert das
Propagandalied HA Jodel was sagt man doch dort in der Statt. Die deutlich mundartli-
chereoriginaleFassung,dieSchmellernochvorlag,11 istzwarverschollen.Dochnochin
einer sprachlich geglätteten, wohl für einen Absatzmarkt jenseits des bairisch-österrei-
chischen Raums konzipierten Fassung tragen Jodel und sein Gesprächspartner Hänsel
ihreentschuldigendenElogenaufLeopoldI. inmerklich bäurischer` Idiomatikvor:
16 Jodel.
WasbrauchtsvilderHandeldergiengsowackeran/
daßdieTürckennichtwustenwoausoderwoan/
jamehralsviertzig tausendderTürckensindgfallen/
eingrausamesmetzlenmußsagenvorallen.
17Hänsel.
Eswärenoch langnichtbeydemselbenverbliben/
manhätnochsovilderBluthundauffgriben/
siehabensichofftauffdiePferdteverlassen/
wasgibstundhastgrittenvndallszuruckglassen.
9 StaatsbibliothekzuBerlin,Ms.germ.oct.230, f. 78r.
10 ZudenStereotypenundZuweisungenvgl.v.a.Özyurt,DieTürkenliederunddasTürkenbild.
11 Vgl. JohannAndreasSchmeller:BayerischesWörterbuch.SammlungvonWörternundAusdrückendie in
denlebendenMundartensowohl,als inderälterenundältestenProvincial-LitteraturdesKönigreichsBay-
ern,besondersseinerÄlternLande,vorkommen,undinderheutigenallgemein-deutschenSchriftsprache
entweder gar nicht, oder nicht in denselben Bedeutungen üblich sind, mit urkundlichen Belegen, nach
den Stammsylben etymologisch-alphabetisch geordnet. Dritter Theil, enthaltend die Buchstaben R und S.
Stuttgart,Tübingen:Verlagder J.G.Cotta'schenBuchhandlung1836,S.430und618.
back to the
book Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800 - Eine andere Literaturgeschichte"
Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800
Eine andere Literaturgeschichte
- Title
- Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800
- Subtitle
- Eine andere Literaturgeschichte
- Authors
- Christian Neuhuber
- Stefanie Edler
- Elisabeth Zehetner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20630-9
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 652
- Keywords
- Germanistik, Dialektliteratur, Bairisch, Sprachwissenschaft, österreichische Dialektkunst
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen