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SOLDATENWERBUNG, ZWANGSREKRUTIERUNG UND KRIEGSLEID 157
7
Johannes-Seegen,
alleWirthWeinherauf,
binschonverwegen,
esgilt einsdrauf,
KaisersSoldaten
zuFuĂźundzuPferd,
soltenschlagendrein,
undallzeit siegreichseyn,.
Vivateswerd.121
1,1 Guraschi] (franz. courage): Mut 1,3 Laschi] (franz. l'argent) Geld 1,5 mein Aichl] mein Aich(e)l: Inter-
jektionzumAusdruckderBestätigung(vermutlichausderBeteuerungsformel ‚ meinAid!`)2,3giftig]zornig,
böse3,7vorHochstätt]HöchstädtanderDonau,Schwaben; im18.JahrhundertmehrmalsSchauplatzkriege-
rischer Handlungen, etwa im Spanischen Erbfolgekrieg oder in den Koalitionskriegen 3,9 wer häts enttraut]
werhätteesvermutet6,6praf] tüchtig,anständig6,8Rieppel]KurzformvonRupert7,1Johannes-Seegen] im
NamendesHl. JohannesgesegneterWein,deru.a.zumAbschiedvorReisengetrunkenwurde7,2alleWirth]
vermutlichDruckfehler für ‚ allo/allonWirt`, vonfranz.allons, ‚ gehenwir`, ‚ los`
AuchimfolgendenLiedsolltedieSoldatenwerbungunterstĂĽtztwerden, indemder jun-
gen ländlichen Bevölkerung eine soziale wie auch materielle Besserstellung als Soldat
versprochen wird. Es ist hier allerdings nicht die Aussicht eines Knechts auf ein bes-
seres Leben, sondern die retrospektive Erzählung des bereits wieder aus dem Krieg
zurückgekehrten Sohnes, der nun – die Wortwahl ist ähnlich wie im obigen Lied – Be-
wunderung erregt und wie ein ‚ Herr` auftritt. Die Heimkehrer-Situation, in ähnlichen
Liedern zur Kommentierung des Kriegsgeschehens genĂĽtzt, dient hier vor allem dazu,
dieVorzügedesSoldatenstandsherauszustreichen:standesgemäßeEinkleidung,Armie-
rung,BereitstellungeinesReitpferdesundhöhererStatut.DerKommentardesVaters in
der letztenZeile– „
ermöchtunsmainaichlgleiwieder fortgehn“ – bringtnocheinmal
dieBotschaftdesLiedszumAusdruck:AngesichtsdesaufregendenundEhrfurchterwe-
ckenden Soldatendaseins würde (bzw. sollte) der Sohn – und damit sind wohl auch die
jungen Männer unter den Hörern des Lieds angesprochen – am liebsten gleich wieder
Soldatwerden.
1
GOttgrüßenckmeinVattäundMuttäall zwey,
kenntösnodenJackerlder inKrieg istgrayst,
einJahrund3.Wochäwirdschoseynaufd'Läng,
geltVattäduhättsmibaldnimmäkennt.
2
Botzschlaprament JackerlbistdanndumeinSohn,
wiebistdusostattlä, jetztkennidi schon,
ihonwarlägmaitwiesbistgangädaher,
dubistunsäSchreibä,odergarderstrengHerr.
121 Drey neue Weltliche Lieder. Das Erste. Hört was ich will verkün-kün-künden, wann ich etc. Das Zweyte:
Lusti Guraschi, jetzt ist mein Jahrl aus, Bauer richt etc. Das Dritte: Armes Herz hör auf zu etc. Gedruckt
indiesemJahr. [o.O.,o.J.], f. 3r– 4r.
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Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800
Eine andere Literaturgeschichte
- Title
- Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800
- Subtitle
- Eine andere Literaturgeschichte
- Authors
- Christian Neuhuber
- Stefanie Edler
- Elisabeth Zehetner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20630-9
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 652
- Keywords
- Germanistik, Dialektliteratur, Bairisch, Sprachwissenschaft, österreichische Dialektkunst
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen