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SOLDATENWERBUNG, ZWANGSREKRUTIERUNG UND KRIEGSLEID 159
reichfavorisiertedenfrüherenpolnischenKönigStanislausLeszczyn´ski,Schwiegervater
Ludwigs XV., als Nachfolger. Um diesen als Thronfolger zu verhindern, unterstützte
Österreich gemeinsam mit Russland den Sohn des verstorbenen Königs, Friedrich Au-
gustvonSachsen.NachderAbsetzungLeszczyn´skiserklärteFrankreichdemdeutschen
Reich den Krieg, in dem die schwach aufgestellte österreichische Armee vor allem in
Italien emp ndliche Verluste erlitt. Mit dem Präliminarfrieden von 1735 wurde August
alspolnischerKönigbestätigt,FrankreichkonntesichaberEin ussübereinigeGebiete,
insbesondereLothringen, sichern.
Angesichts der Tatsache, dass es sich um einen auch im historischen Rückblick
vergleichsweise unbedeutenden Krieg handelt, in dem die Interessenlage auch für die
zeitgenössische Bevölkerung nur schwer zu durchschauen war, sind jene Lieder auf-
schlussreich, die vornehmlich der Frage dienten, wofür es sich überhaupt zu kämpfen
lohne.UmWerbemaßnahmenzurrechtfertigen,musstedieObrigkeitdiebäuerlicheBe-
völkerung so ansprechen, dass sie sich möglichst unmittelbar betroffen fühlte. In WAs
Wundä, was muß I dir sagn werden zunächst die Kriegsgeschehnisse kritisch gesehen.
Der junge Mann, dem von den Ereignissen berichtet wird, ist anfangs wenig motiviert,
sich selbst in Gefahr zu begeben. Doch dient diese ablehnende Haltung als Gelegenheit,
dieverschiedenenRegisterderSoldatenwerbungzuziehen:DieAuseinandersetzung,so
heißt es etwa, sei harmlos und koste nicht gleich denKopf`, dafür warteten Siege und
nicht zu vergessen Beute. Schließlich aber verlange es die Ehre, Österreich so wie es
schon die Tiroler auf beeindruckende Weise getan hätten gegen die feindlichen Fran-
zosenzuverteidigen:
1
WAsWundä,wasmußIdir sagn,
wassienä fürHändlzutragen,
zWiennbinI jetztgwösen,
handZeitunghörn, lösn,
gantzkürtzlä inwenigenTagn,
soltangehndasRäffäundSchlagn. 2
Werhatdirnädößmehrdäzöhlt,
werhatnädöHändlangstölt,
Stanislaus inPohln,
hatKönigwehrenwolln,
dasGlückhat ihmabänötgwölt,
statt seinäänandärnerwölt.
3
Daßthut ihmvodroissensosehr,
daß[er]nöt istwordenäHerr,124
daßersiausPohln
h[at]müssenfort trollen,
jetztdaßernötauswa[...] zu letzt,
haterdenFrantzosenanghötzt. 4
WaswöhlnnädFrantzosenanhöbn,
w[ir] thain iehnkainHärlnachgöbn,
ihrSilbaundLäschi,
macht insnäGuraschi,
wannwirswerdnbekemmäzurBeuth,
wiewöllmäinsmachääFreud.
5
OHießlwiewärIäNarr,
das I [mi] soltgöbnind'Gfahr,
soltsHaimätvolassen
matschirenäStrassen,
woImeinä löbtän[ie]gwöst,
bleib liebädähaimbten inNöst. 6
DuLapp,duzaghäfftigäTropf,
ös thutnötgleichgeltendenKopf,
dersUnhaylwilldämpfä,
mußwäläbräfkämpfä,
gringwagnMüthlundBlut,
unddenckädaßafftenwirdgut.
124 HierundinderFolgeTextverlustamerstenBlattaufgrunddesausgerissenenBlattrands.
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Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800
Eine andere Literaturgeschichte
- Title
- Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800
- Subtitle
- Eine andere Literaturgeschichte
- Authors
- Christian Neuhuber
- Stefanie Edler
- Elisabeth Zehetner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20630-9
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 652
- Keywords
- Germanistik, Dialektliteratur, Bairisch, Sprachwissenschaft, österreichische Dialektkunst
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen