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GELEGENHEITSPOESIE 445
gelegtwordenist .74 Nicht langedanachwirdauchdas literarischauffälligunbeholfene,
doch brauchtumsgeschichtlich umso interessantere Lied entstanden sein. Der Jagder-
folg selbst wird vom Erzähler nur kurz gestreift, um rasch auf das eigentliche Thema zu
kommen:
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OmeinBue,dasBärenjagenistalles schonvorbey,
DöStainbachaJagahambtg'schossneahnadrey,
Söhambt ihmumbsLöbnbracht,daswill ichdirwohlsagn,
Jetzt führendihnahiaufCamma,dort toans ihnhaltbegrabn.
3,4 ahiaufCamma] runternachKammer(OrtamAttersee,damalsKhevenhüllerischeHerrschaft)
Nach einem Überblick, wer den Bären an seinen Bestimmungsort transportieren darf,
wird über die Beschreibung der Beteiligten das feierliche Begräbnis mit Kreuz- und
Fahnenträger,TotenliedsängernundBläsern,Sarg,BahrtuchundWindlichtern,mit n-
gierter geistlicher Begleitung und angeblich 400 Bärenschützen gleichsam performativ
inszeniert. Bei der Totenzehrung wird der letzte Wille des erlegten Räubers verkündet,
dann die Grabverzierung in die Wege geleitet, bevor die Schützen mit freiem Umtrunk
belohnt werden. Weit über ein Dutzend namentlich genannter und über Anekdoten
oder Aussehen charakterisierter Teilnehmer unterstreichen den Volksfesteindruck und
lasseneinsehr lebendigesBilddesKlamauksentstehen:
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Jetzthab idövierTrager, imuaßnoazweenhabn,
DasKreuzmuaßderLambachSeeJagaknecht tragn,
OenFahntragtderStöf ,erkanneahmsschontoan,
DerLambachSeeJagaknecht,derwar ihmviel z'kloan.
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JetztgehnmanochazweenSingabuama,
Iwaißnitamal,woihinsolltgehndarna,
DaForstmoastahatain,unddemGoisaraseinKnecht
Dözweenmuaßinehma, sandjustamentrecht.
8
DöortnerischenJagaknecht,undStummaall zween,
DökinnandmitanandanachnFahnnachigehn,
Posaunmüssensblasen,denPrimundSekund,
Hieztbistamalg'schossen,duzoterterHund.
9
DerSchloßaundderStierndlSchneida,undnochzweensandeingl'aden,
DerReisenbichlerundderFellnerWirt,dötoantd'Windlichter tragn.
DerHerrLehrermuaßSchulmoaster seyn,erkannlateinischröden,
DerAmtmannistderEbenseewirt,derricht sichschonzumSpörn.
74 Zitiertnachebda.,S.141.KliergibtzudemeinÖlbildausWeißenbachwieder,dasdenBärenbeimWildern
mit der Inschrift zeigt: Das Wild hat bei 20 Jahren in hiesiger Umgebung gehaust und durch Reißen des
Hornvieh um viele tausend Gulden Schaden zugefügt. Anno 1778 ist es von den Birgsjägersöhnen Martin
und Matthias Stachberger in Aurwald beim Aurikar durch 5 Kugelschüsse erlegt und die Gemeinde von
diesem befreit worden. Hat eine starke Wiener Klafter in der Länge und 3 Schuh in der Höhe und 5 Zent-
ner25Pfundgewogen (ebda.,S.144f.).CommendasAbschrift(Bärenbegräbnis,S.267)unterscheidetsich
zumTeilbeträchtlich.
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Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800
Eine andere Literaturgeschichte
- Title
- Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800
- Subtitle
- Eine andere Literaturgeschichte
- Authors
- Christian Neuhuber
- Stefanie Edler
- Elisabeth Zehetner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20630-9
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 652
- Keywords
- Germanistik, Dialektliteratur, Bairisch, Sprachwissenschaft, österreichische Dialektkunst
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen