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22 Alpeuwirtsohaft.
König der Herde wohl hewusst. Ein kleines, mit allerhand Flitter reichlichst
versehenes Zirben- oder Fichtenbäumchen prangt zwischen seinen Hörnern
am breiten Nacken.
Daran reihen sich im Zuge die übrigen minder geputzten Kühe und Käl-
ber, hinter welchen der Halter mit dem klirrenden Ringstocke daherschreitet.
Nun kommt das unruhige, neugierige Völklein der Ziegen, mit welchen
die Hirten ihre Noth haben, nm sie beisammen zu halten.
Daran schließt sich das gleichfalls festlich geputzte Saumwagerl mit
den Resten der Butter, Käse und Schotten, mit den Habseligkeiten der
Sennerin und dem Hausrathe der Hütte beladen, auf welchem nicht selten
zu oberst eine aus Butter geformte Henne thront. Hinterher schreitet die
Sennerin, in der rechten Hand einen Korb mit winzig kleinen Krapfen:
Netzkrapfen, Raunkerln, Rumpelnudeln oder Säuerlinge genannt, mit welchen
sie die ihr Begegnenden reichlichst beschenkt.
Den Schluss des Zuges bilden die Schweine mit dem rußgeschwärz-
ten Sautreiber, dessen Umarmungen von den Dirnen, welchen der Zug
begegnet, gar sehr gefürchtet werden. Ein Festmahl mit Tanz schließt
diesen Tag. Ist aber ein Glied der Bauernfamilie im Laufe des Jahres
gestorben, so tritt an Stelle der bunten Bänder und des goldenen Flitters
schwarzer Trauerflor, Kränze und matter Silberzierat.
Die Stelle der Niederalmen vertreten oft die Lechen oder Zuhuben,
nur zeitweise bewohnte größere Gehöfte, die meist noch tiefer wie die
Niederalmen liegen. Die Hütten sind im allgemeinen aus Holz gebaut und
haben als Nebengebäude einen Kuhstall (Trempel oder Pfahrer genannt)
und meist auch eine Heuhütte und einen Schweinstall. Nur die höchst gele-
genen Hütten sind von Stein gebaut und sehr dürftig eingerichtet.
Jede Sennerin hat ihre eigene Hütte, welche von ihr und den Haltern
bewohnt wird. In den Hochalpen bewohnen wohl auch zwei Sennerinnen
eine Hütte, doch bestehen immer getrennte Stallungen. Im Trempel werden
über Nacht die Kühe der Reihe nach an den Futtertrog (Granten) angekettet.
In der Ausseer Gegend und im Todten Gebirge, wo die Almerin
weniger Kühe zu hüten hat, als ihre Collegin im Mur- und Ennsthale,
sind nicht selten die Hütten derart gebaut, dass unten die Stallung und
im Stockwerke die Wohn- und Wirtschaftsräume der Sennerin zu liegen
kommen. Die meist sehr zierlich gehauten Hütten dieser Gegend sind weit-
bekannt wegen ihrer holländischen Reinlichkeit und den frischen, hübschen
Gestalten ihrer Bewohnerinnen.
So viele Enttäuschungen auch derjenige im allgemeinen za erwarten
hat,, der auf den Almen bäuerliche Schönheiten zu finden glaubt, so kann
sich doch außer der Ausseer Gegend auch der Bezirk Schladming, und
zwar das Gebiet der niederen Tauern rühmen, auf seinen Almen fast durch-
wegs hübsche, intelligente Sennerinnen zu besitzen, die dem Fremden
freundlich entgegenkommen und ihm nach Möglichkeit gastliche Herberge
gewähren. In letzteren Gegenden sind auch die Sennhütten am geräumigsten
und wohnlichsten gebaut und eingerichtet. Am Dachboden der Almhütte
bewahrt die Schwagerin ihre Wäsche und ihre Kleider in Truhen, oft steht
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Volume 1
- Title
- Die eherne Mark
- Subtitle
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Volume
- 1
- Author
- Ferdinand Krauss
- Publisher
- Leykam
- Location
- Graz
- Date
- 1892
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.45 x 21.56 cm
- Pages
- 496
- Keywords
- Steiermark, Heimatkunde
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918