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Alpenwirtschaft. 23
hier auch das Bett des Halters. Nie fehlt in der Almhütte das Butterfass,
welches, wenn ein Bach nahe der Hütte vorbeifließt, daselbst so angebracht
wird, dass es mit Wasserkraft getrieben werden kann.
Bei den Hütten um Aussee befindet sich auch ein Feuerherd außer der
Hütte im Freien, unter einem kleinen Dache; die Milch wird in einem
Steinkeller aufbewahrt. Der eigentliche Küchenherd wird sodann nur hei
allerschlimmstem Wetter benützt (grobes Wetter) und nach jedesmaligem
Gebrauche sogleich wieder mit Kalk übertüncht und schneeweiß gemacht.
Die Kühe werden frühmorgens gemolken, sodann auf die Weide
getrieben, von der sie erst gegen Abend wieder heimkommen, um ein
zweitesmal gemolken zu werden. Das Auf- und Abtreiben der Kühe und
das Hüten derselben auf der Weide besorgen die Halter, meist Knaben
von 14—16 Jahren, oft aber auch erwachsene Männer. Die Arbeit der Senne-
rinnen, die im Ennsthale Brentlerinnen, im Murthale jedoch Schwage-
rinnen genannt werden, besteht außer dem Melken der Kühe, hauptsächlich
in dem sehr schwierigen „Heuen", der Beschaffung des Futtervorrathes
für die Kühe zur Fütterung derselben während des Melkens; jede Alpe besitzt
auch meist einen kleinen, eingefriedeten Rasenplatz, welcher gedüngt wird,
um reichlichen Graswuchs für das nöthige Grünfutter zu finden.
Nachdem aber das „Einfutter" dieses kleinen Wiesenfleckes für den
Futterbedarf nicht ausreicht, so muss die Sennerin oft auf steilen Fels-
hängen gar mühsam und gefahrvoll mit der Sichel das kurzhalmige Alpen-
gras zusammenscbneiden und in großen leinenen Tragtüchern, oder in
Rückenkörben zum Tröt, wie die ganze Alpenwirtschaft genannt wird, bringen.
Weiters hat die Sennerin Butter und Käse zu bereiten. Letzterer
wird in salzstockförmiger Form als Steirerkäse bereitet und in den Handel
gebracht. Die Käsefabrication ist zwar uralt, und wird schon in den ersten
bekannten Urkunden der Ertrag eines Hofes nach dem hierauf erzeugten
Käse bemessen, doch ist die Käserei noch immer auf einer sehr niedrigen
Stufe. Die Butter wird nahezu ausschließlich zur Schmalzerzeugung benutzt.
Die Sennhütte hat immer drei Abtheilungen: In der Mitte den Küchen-
raum mit offenem Herd in einer Ecke, mit dem zur Käseerzeugung not-
wendigen Kessel, einigen Bänken und Holzvorrath; weiters die Milchkammer,
in welcher auf Gestellen die Milchschüsseln und hölzernen Stösseln, sowie
der Käsevorrath bewahrt wird, und die Schlafkammer der Sennerin mit
ihrem hochaufgerichteten Bett, dem Kachelofen, Tisch und den Bänken. In
einigen Alpen hat die Hütte noch eine gute Stube mit Ofen etc.
Außer Brot, Zucker und Kaffee, Mehl und Schmalz gibt es keine
Victualien in der Hütte; doch fehlt Branntwein kaum irgendwo, und das
erste Begehren eines eintretenden Burschen ist wohl stets ein Schluck
„Schnaps", der ein ebenso treuer Begleiter der Holzknechte und Bauern-
burschen ist, wie der Kautabak. In das einförmige, beschwerliche Leben
der Sennerinnen bringt die Samstagsnacht und der hierauf folgende Sonntag
Lust und Freude. In dieser Nacht steigen die Burschen oft aus weiter
Ferne und auf gefahrvollen Wegen zu ihren Liebsten auf den Almen auf,
und nicht selten wird da der enge Raum der Hütte zum Tanzboden, auf
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Volume 1
- Title
- Die eherne Mark
- Subtitle
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Volume
- 1
- Author
- Ferdinand Krauss
- Publisher
- Leykam
- Location
- Graz
- Date
- 1892
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.45 x 21.56 cm
- Pages
- 496
- Keywords
- Steiermark, Heimatkunde
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918