Page - 41 - in Die eherne Mark - Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Volume 1
Image of the Page - 41 -
Text of the Page - 41 -
Sitten und Gebräuche. 41
Palmen auf den Feldern in die Erde. Andere bewahrt man auf, am sie
im Sommer beim Herannahen von Gewittern auf dem Herde unter Gebet
zu verbrennen.
Am Ostermorgen, schon bald nach Mitternacht, werden auf den
Bergeshöllen Freudenfeuer (Osterfeuer) angezündet. Dabei wird mit Pöl-
lern geschossen und öfters auch gebetet und gesungen.
In den letzten Nächten der Charwoche oder wohl auch in der Oster-
nacht werden von Vielen unter lautem Gebete die Calvarienberge besucht.
An den Osterfeiertagen gehen die Kinder zu ihren Pathen auf
Besuch und lassen sich von denselben bewirten. In diesen Tagen ist
auch die Unterhaltung des „Eierkuzens" oder „Eierdutschens" üblich.
Man stößt dabei mit den Spitzen der rothen Eier zusammen, derjenige, dessen
Ei unverletzt geblieben ist, gewinnt das zerbrochene Ei des anderen. Diese
Unterhaltung findet häufig auf den Kirchplätzen uud in den Gaststuben statt.
In manchen Gegenden wird das „rothe Eierführen" getrieben. In
der Nacht vom Ostermontag auf den Osterdienstag gehen muthwillige
Bursche herum und treiben allerlei Unfug. Z. B. sie zerlegen einen Lei-
terwagen, bringen die Wagentheile auf einen hohen Dachfirst, und stellen
sie dort wieder zusammen, so dass dann am Morgen ein Leiterwagen hoch
oben am Dachfirst zu sehen ist, und dessen Eigentliümer seine liebe Noth
hat, ihn wieder herabzuschaffen.
In der ersten Mainacht wird häufig von Burschen, so viel als mög-
lich heimlich, ein „Maibaum" gesetzt.
Am Pfingstsonntage ist's eine große Schande, derjenige zu sein, der
zuletzt vom Schlafe aufsteht. Er wird „Pfingstlucken", „Pfingstnudel" oder
„Pfingstkönig" geschimpft und oft spottweise mit Strohkränzen beschenkt.
Am Pfingstsonntage nachmittags geht man in manchen Gegenden zu
einem Waldbrünnlein, das man „Pfingstbrünndl" nennt, und unterhält
sich dort mit „Ringen" und Singen, wobei dem Wässerlein, das an diesen
Tagen eine besondere Heilkraft besitzen soll, wacker zugesprochen wird.
Am Frohnleichnamstage werden allerorts vor den Hausthüren zarte
Fichten- oder Lauhholzbäume eingesetzt.
Am Tage des hl. Johannes des Täufers, 24. Juni, genannt der
„Sonnenwendtag"*)- werden vielfach die „Sonnenwendfeuer" von
den Sennerinnen angezündet, besonders geschieht dieses im Ennsthale
und in der Ausseer Gegend auf hohen Alpen. Auch am Jacobi- und Annatag
zünden die Almerinnen gerne Feuer an und lassen ihre Lieder und Jodler
ins Thal herabtönen. In diesen Tagen kommen die Thalbewohner gern
zu Besuch auf die Alpen.
Im Monate August gibt es da und dort eine Primizfeierlichkeit.
Um zu einer solchen zu kommen, sagen die Leute, soll man gerne ein
neues Paar Schuhe zerreißen.
Zu Mariä Geburt, sagt man, ziehen die Schwalben fart. Zu Maria
Verkündigung kommen die Schwalben wiederum. Von Mariä Verkündigung
*) Die Sonnenwende tritt jedoch bekanntlich schon am 21. Juni ein.
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Volume 1
- Title
- Die eherne Mark
- Subtitle
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Volume
- 1
- Author
- Ferdinand Krauss
- Publisher
- Leykam
- Location
- Graz
- Date
- 1892
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.45 x 21.56 cm
- Pages
- 496
- Keywords
- Steiermark, Heimatkunde
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918