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105 Obersteirisclier Eiseiiadel.
arbeitern, Jägern und Handwerkern hinauf bis zu den Goldschmieden in den
Städten, die alle vom Hammerwerke gar vergnüglich lebten. Fuhrleute
und Hammergesellen hatten stets durstige Kehlen, und Unmengen von
Wein musste die untere Steiermark als Rückfracht für das dahin gelieferte
Eisen muraufwärts dem Oberlande liefern. Die Hammerherrenfamilien, fast alle
unter sich verschwägert, bildeten von jeher die Aristokratie des Bürger-
standes, erhielten bald alle den Adel und lebten und ließen leben wie echte
Edelleute, und der Luxus und die Freigebigkeit, mit der der steirische
Hammerherr auftrat, war sprichwörtlich geworden. Ihr Herrenhaus, meist
durch den französischen Dachstuhl mit Mansardwohnungen charakterisiert,
stand den kleinen Schlössern des alten Adels wenig nach, und wenn ein
Hammerherr Lust hatte, einen Herrschaftsbesitz zu erwerben, so kaufte er
sich um seinen Ansitz einen Burgfried, und das adelige Gut war fix und
fertig. Mit ihren Arbeitern, welche gleichsam als Hausinventarstücke sich
stets von Vater auf Sohn vererbten, standen die Gewerken in einem
patriarchalischen Verhältnisse, man kannte damals noch keine sociale Frage,
da ja alle reichlich zu leben hatten.
Trotz ihrer unversiegbaren Geldquellen und trotz des Luxus, den die
Rad- und Hammergewerkinnen entfalteten und damit nicht selten alte
Geschlechter verdunkelten, waren sie aber doch meist gute Hauswirlinnen,
die gar getreulich über ihr Einkommen Buch führten.
Wer einen vollen Einblick in den Lebensgaiig einer dieser alt-
steirischen Gewerkenfamilien gewinnen will, möge in das denkwürdige
Tagebuch der Frau Elisabeth Stampferin, einer reichen Gewerkensfrau
in Vordernberg, welche 1638 bis 1700 lebte, blicken. Dieses merk-
würdige handschriftliche Tagebuch hat sich durch anderthalb Jahrhunderte
im alten Familienhause erhalten, kam dann in den Besitz der Gewerken-
familie Steyrer und von dieser an Erzherzog Johann, von welchem es
sich auf dessen Sohn Franz Grafen Meran vererbte, der es behufs Ver-
öffentlichung dem Vorstande des steiermärkischen Landesarchivs, Dr. J. v.
Zahn, überließ, welcher dieselbe auch, mit zahlreichen interessanten Erläu-
terungen versehen, wortgetreu veranlasste. Sechzehn Kinder hat die wackere
Frau ihrem liebsten Ehewirt geschenkt und Glück und Missgeschick getreulich
mit ihm getheilt, voll warmen Mitgefühls für fremdes Leid und voll
rührenden, felsenfesten Gottvertrauens war sie immer nach Kräften
hilfreich; als getreue Patriotin nimmt sie regen Antheil an allen das
Kaiserhaus berührenden Ereignissen von der Brautfahrt bis zur blutigen
Walstatt, und überall weht uns ein schlichter aber kerniger deutscher
Bürgersinn und ein t re f f ender Hausverstand entgegen. Jede
Tagesaufschreibung schließt mit einer Anrufung des Segen Gottes oder
mit innigem Danke für Gottes Gnade. Alle Zeitläufte, Wasser- uud Feuer-
noth, Schneestürze und Pestilenz, Drangsale aller Art ziehen an uns in
lebendigen Bildern vorüber. Leider liegt es außer dem Rahmen unseres
Werkes, den Charakter des Baches, welches von 1666 —1694 geschrieben
wurde, durch größere Citate zu beleuchten; einiges daraus anzuführen,
können wir uns jedoch nicht versagen :
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Volume 1
- Title
- Die eherne Mark
- Subtitle
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Volume
- 1
- Author
- Ferdinand Krauss
- Publisher
- Leykam
- Location
- Graz
- Date
- 1892
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.45 x 21.56 cm
- Pages
- 496
- Keywords
- Steiermark, Heimatkunde
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918