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Ilaria - Zell. 325
gekommen, fĂŒr sie zu beten", sagte er damals zu Abt Johann Heinrich. Kaiser
Ferdinand III. besuchte fĂŒnfmal, Kaiser Leopold I. neunmal Maria-Zell. Bei
seiner vierten Heise (1673) betheuerte letzterer, vor dem Gnadenaltar kniend und
ein Crucifix in der Hand haltend, feierlich, dass er nicht aus Hochmuth oder
LĂ€ndergier seine Kriegsmacht gegen Frankreich ausrĂŒcken lasse.
In der Ladislauskapelle, an der Seite des von ihm errichteten Altars, ruht
auch der groĂe WohltbĂ€ter Georg SzcelepchĂ©ny, der berĂŒhmte Erzbischof von
Gran (f 1685). Carl VI. kam hieher 1703, bevor er zur Thronbesteigung nach
Spanien reiste, spĂ€ter als Kaiser fĂŒnfmal, stets mit den reichsten Geschenken.
Jos. D. Graf Lamberg, FĂŒrstbischof von Seckau, dann Cardinal, berichtet 1718
nach Rom (hiezu aufgefordert wegen Verleihung eines Ablasses), dass sich die
jÀhrliche Zahl der Pilger auf 120.000 belaufe, worunter mindestens 500 vom
höheren Adel ; dieser Ort sei fĂŒr die österreichischen ErblĂ€nder das, was Loretto
fĂŒr Italien sei. Maria Theresia hatte schon 1724 hier ihre erste Communion
empfangen, besuchte bei allen wichtigeren AnlÀssen diesen Ort, oft auch mit Gemahl
und Kindern, und blieb demselben bis zum Tode höchst gewogen. Im J. 1757
wurde die 500jĂ€hrige GrĂŒndungsfeier begangen, bei welcher Gelegenheit nicht
weniger als 373.000 Communionen ausgetheilt wurden.
Traurigere Zeiten begannen unter Kaiser Josef II. 1782 wurden feierliche
Wallfahrtsprocessionen in groĂen Massen verboten; den Wienern wurden sie 1796
zuerst, und hernach anderen wieder gestattet; 1797 waren schon 131.000 Wall-
fahrer hier; die letzten diesbezĂŒglichen BeschrĂ€nkungen wurden erst 1811 durch
Kaiser Franz bei seiner Anwesenheit allhier beseitigt. 1786 wurde das Stift
St. Lambrecht aufgehoben, welches Maria-Zell von jeher mit Priestern versehen
hat (im vorigen Jahrhunderte durchschnittlich mit 20 Priestern). Die stiftische Herr-
schaft Maria-Zell kam an den Religionsfond und bei Wiederherstellung von
St. Lambrecht im J. 1802 nicht an dieses zurĂŒck, sondern wurde vom k. k. mon-
tanistischen Ărar dem Religionsfonde abgelöst. Schon 1785 waren alle Kostbar-
keiten, KirchengerÀthe, Votivgaben etc. geschÀtzt worden ; die in der Kirche befind-
lichen GegenstÀnde auf 223.459, die in der Schatzkammer befindlichen auf
108.824 fl., also zusammen auf 332.283 fl. ; davon der SchÀtzungspreis der zum Gottes-
dienste nothwendigen GegenstÀnde abgezogen, blieben 246.134 fl., als Wert der
âentbehrlichen" GegenstĂ€nde. Es wurde hiebei nur der Materialwert*) berĂŒck-
sichtigt, daher der SchÀtzungswert meist nur zwei Drittel des Herstellungspreises
oder weniger betrĂ€gt. Der Vorschlag der Aufhebungscommission, alle âentbehrlichen"
GegenstĂ€nde zum besten der Kirche und des ReligioDSfondes zu verĂ€uĂern, fand
nicht die allerhöchste Anerkennung, sondern diese wurden nur in der Schatz- und
Paramentenkammer versperrt. Wohl war 1786 bereits der Befehl ausgefertigt,
die Gnadenkapelle, als aus Holz bestehend und daher feuergefÀhrlich, abzutragen ;
doch ĂŒberzeugte sich Kaiser Josef am 12. October desselben Jahres von der Un-
richtigkeit dieser Angaben, lieĂ auch allsogleich die SchlĂŒssel zu den versperrten
KirchenschĂ€tzen zurĂŒckgeben und hob mehrere, vorher getroffene BeschrĂ€nkungen
auf. Unter seiner Regierung wurden nur um circa 11.000 fl. KirchenschÀtze ver-
Ă€uĂert. Erst die Noth des Vaterlandes in den Franzosenkriegen verlangte
von der Maria-Zeller Kirche die schwersten Opfer. So wurden im I. Coalitions-
kriege in den J. 1792â94 Kostbarkeiten im SchĂ€tzungswerte von 123.615 fl.
gegen Obligationen eingeschmolzen oder verĂ€uĂert, welche Summe 1802 auf
217.682 fl. gestiegen ist.
1806 wurden vier groĂe silberne Statuen des Hochaltares, nĂ€mlich Maria,
Johannes und die zwei Seitenengel in versilbertes Holz verwandelt, um die feind-
licherseits verlangte Ablösungssumme bezahlen zu können. Durch den Staatskrach
von 1811 flelen die fĂŒr das Kirchensilber erhaltenen Staatspapiere auf ein FĂŒnftel
ihres frĂŒheren Wertes. Die Wallfahrt jedoch blĂŒhte mit diesem Jahrhunderte
herrlich wieder auf; die Leiden der Völker infolge so vieler Kriege waren groĂ,
man suchte Hilfe und Trost bei der Gottesmutter, auch Kaiser Franz kam 1810
und 1811, sowie nach dem Friedensfeste 1814 hieher. In den Tlieuerungsjaliren
*) Ă Mk. Silber 18 fl., Ă #Gold 3 fl.
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Volume 1
- Title
- Die eherne Mark
- Subtitle
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Volume
- 1
- Author
- Ferdinand Krauss
- Publisher
- Leykam
- Location
- Graz
- Date
- 1892
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.45 x 21.56 cm
- Pages
- 496
- Keywords
- Steiermark, Heimatkunde
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918