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358 Leohen.
gegen Kaiser Leopold infolge dieser Schäden der Stadt einen zweiten Jahr-
markt am 25. Juli bewilligte. Im J. 1683 bildete sich anlässlich der Türken-
gefahr eine Bttrgergarde, wobei der Bürgermeister Paul Egger als Commandant
fungierte.
Die wichtigsten Elemente der Gegenreformation waren die Jesuiten, die
Kapuziner und Franziskaner und lassen sich durch ganz Steiermark Kloster-
gründungen dieser Orden im 17. und bis in den Beginn des 18. Jahrhunderts
nachweisen. So finden wir in den damals wichtigsten Städten Obersteiers, Leoben
und Judenburg 1613 und 1620 Jesuitencollegien entstehen, während in minder
wichtigen Städten und Märkten Kapuziner- und Franziskanerniederlassungen der
Reihe nach emporschössen. So zu Bruck 1607 (Kapuziner); Knittelfeld 1705,
Murau 1643, Mürzzuschlag 1641, Mautcrn 1669 (Franciscaner) ; Irdning (Falken-
burg) 1711 (Kapuziner); Hartberg 1654 (Kapuziner) etc. Was speciell Leoben
betrifft, so gründete Erzherzog Ferdinand II. 1613 hier ein Jesuitencollegium und
räumte demselben die landesfürstliche Burg (nun Landesobergymnasium) ein. Die-
selben bauten später die angrenzende St. Johanneskirche zu einem Gymnasium um.
Den Jesuiten gehörte auch der sogenannte Josefshof am Josefe, der
1825 vom Studienfonde von der Stadtgemeinde erworben wurde, später als Militär-
spital und von 1866—1889 als öffentliches Krankenhaus benützt wurde.
Ferners besaßen die Jesuiten die Herrschaft Freienstein und zahlreiche
kleinere Besitzungen. Ihr städtischer Besitz umfasste den ganzen großen Com-
plex der heutigen Bergakademie, der jetzigen Pfarrkirche und des Gymnasial-
gebäudes. Nach der Aufhebung wurde 1775 das Vermögen des Leobner Jesuiten-
collegiums mit 432.027 fi. 533/4 kr. bewertet, dazu waren in ihrer Verwaltung
noch 66.329 fl 14'/4 kr. Kirchen- und Bruderschaftsgelder.
Am 12. November 1690 wurde der Grundstein zu dem Kapuzinerkloster und
Kirche, eine Stiftung der Witwe Maria v. Thessalon und Anna Pantierinn am
sogenannten Schallauzerhofe gelegt und dasselbe am 2. September 1692 von
Rudolf Josef, Bischof zu Seckau, eingeweiht. Im J. 1809 wurde das Kloster auf-
gelöst und nun in jüngster Zeit zum Stefauiespitale umgebaut.
Gegen Ende des 17. Jahrhunderts berührte auch die Hexenseuche, diese
Frucht des Mysticismus und der Furcht vor der Allmacht des Bösen dieser Zeit,
die Stadt Leoben, und die Handschriftensammlung des Grazer Landesarchives
bewahrt noch einen Folianten mit der Überschrift: „Der Inquisitionsprocess der
Johannesbruderschaft zu Leoben vom Jahre 1694."
Sie nannten sich so nach dem Evangelisten Johannes. Personen beiderlei
Geschlechts traten in den J. 1670—1680 zusammen, um unter den absonder-
lichsten, doch vollkommen unschädlichen Andachtsübungen Gottes Beistand wider
die Türken, welche um diese Zeit öfters in der ö. Steiermark einfielen, um Er-
lösung der Seelen aus dem Fegefeuer, die ewige Seligkeit u. s. w. als Zweck
anstrebten. Mit der Zeit wurde der Verein eine Brutstätte des Aberglaubens, der
Schatzgräberei und verwandten, das Licht scheuenden Begierden Die Seele dieser
Bruderschaft war eine rätliselhafte Persönlichkeit, „Bruder Johannes" oder „der
Kapuziner aus dem Venusherg" genannt, ein abgefeimter Betrüger, der die Ein-
falt seiner Genossen zu seinem Vortheile ausbeutete. Den 14. Juli 1694 erschien
ein Grazer Regierungsmandat an das Leobner Stadtgericht, strenge gegen die
Johannesbruderschaft, hei deren Zusammenkünften unter der Erde Aberglaube
und Teufelspossen vorkommen sollen, vorzugehen. Nun verschwand „Bruder Jo-
hannes" spurlos vom Schauplatz, gewann dadurch in den Augen der Menge den
Ruf eines Wundermannes, eines „Geistes", so dass eines seiner Opfer, das an-
geklagte Vereinsmitglied Oswald Riedler, in seiner durch die Qualen der Tortur
erschreckten Phantasie ihn als „weißes, graues, schwarzes Männlein mit
schnofliger Stimme", als Seelenfänger, als den „leibhaftigen Gottseibeiuns" be-
zeichnete; als Örtlichkeiten der Zusammenkünfte nannte Riedler die Wolfsgruben,
zwischen Leoben und Häussern, den Troidersperk, bei dem Kreuz gegen Trabocli
u. a. m. Die lustigen Zusammenkünfte der Brüderschaft wurden nach dem er-
pressten Geständnisse dieses Opfers der Inquisition zu Blocksberggeschichten und
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Volume 1
- Title
- Die eherne Mark
- Subtitle
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Volume
- 1
- Author
- Ferdinand Krauss
- Publisher
- Leykam
- Location
- Graz
- Date
- 1892
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.45 x 21.56 cm
- Pages
- 496
- Keywords
- Steiermark, Heimatkunde
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918