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386 Trofaiach.
befanden sich nur mehr 19 Personen im Lazarethe. Der Tod des Kaplans Josef
Parthl wurde allgemein sehr bedauert, denn er hatte sich sehr eifrig und uner-
schrocken bei den Kranken gezeigt, ja zu furchtlos, indem er weder ein Licht
brennen, noch räuchern ließ, die letzte Wegzehrung ohne Pestlöffel verabreichte,
und sich zu lange bei den Kranken aufhielt. Zweimal wurde er vom Contagium
angesteckt und allemal binnen kurzem geheilt; das drittemal musste er sein
Leben lassen. Überhaupt hatte es in Trofaiach übel ausgesehen, nicht nur, dass
kein Arzt vorhanden war, fehlte es auch an Medicinen, später sogar an Lebens-
mitteln und Holz. Als der Pestcommissär davon nach Leoben Nachricht bekam,
nahm es der Rector des Jesuitencollegiums auf sich, in der Stadt von Haus zu
Haus zu betteln für die armen Leute in Trofaiach und bewirkte so, dass wöchentlich
eine ergiebige Menge Esswaaren nach Trofaiach gesendet werden konnte.
Die Eisenstraße von Vordernberg nach Leoben führte mitten durch Tro-
faiach. Die Straße wurde zu Beginn der Seuche abgesperrt und eine Seiten-
straße über die Felder eröffnet.
Im October 1714 starben im Spitale fünf Personen; eine beim Markt-
richter, eine im Stibichhofe, zwei im Hause des Baumiiller, zwei beim Bierbrauer,
zwei im Winklerhofe; die meisten nach 2—3tägigem Krankenlager. Der Bader,
der freilich als ein vagierender und nnverlässlicher bezeichnet wurde, wollte
bei einigen Pestzeichen bemerkt haben; die Leute im Markte wollten es aber
für die Pest nicht gelten lassen. Die Häuser wurden versperrt und erst Mitte
December wieder geöffnet.
Die Geschichte dieser Pestzeiten bewahrt aber auch das Andenken an
einen der merkwürdigsten Männer dieser Zeit, welcher 1674 in den Besitz von
Stibichhofen gekommen war. Dr. Johann Adam Christoph Lewaldt, nach-
mals geadelt mit dem Prädicate von und zu Lebenwaldt, war Doctor der Philo-
sophie und der Heilkunde, praktischer Arzt zu Graz, hierauf Stiftsarzt zu Ad-
mont und Leibmedicus des Abtes von Admont, zugleich landschaftlicher Physicus
für das Enns- und Paltentlial, endlich Arzt zu Leohen und Medicinalrath der
steirischen Landschaft. Vom Kaiser Leopold hatte er die Würde eines Pfalz- und
Hofgrafen, den Adel und die Lorberkrone eines kaiserlichen Poeten, vom Papste
den Charakter eines öffentlichen apostolischen Notars erhalten. Die kaiserlich
Leopoldinische Akademie der Naturforscher zu Breslau, deren Mitglied er war,
erhob ihn zu ihrem Adjuncten. Seine Zeitgenossen rühmten ihn als Schriftsteller
auf dem Gebiete der Arzneiwissenschaft und der Naturforschung, als Dichter uud
Improvisator in der lateinischen und deutschen Sprache und endlich als kunst-
reichen Musikcompositeur.
Lewaldt war am 25. November 1624 zu Sarleinsbach im Muhlviertel zu
Oberösterreich als Sohn eines Rathsbürgers geboren, besuchte die philosophische
Facultät der Universität in Graz und später die medicinische Facultät der
Universität in Padua.
Seine ärztliche Praxis begann in Graz und brachte ihn selbe bald in der-
artigen Ruf, dass er vom Abte Urban des Stiftes Admont 1655 zum Leibmedicus
ernannt wurde. 1656 erhielt er die Stelle eines Physikus des Enns- und Palten-
thales mit 300 fl. rhein. Jahresgehalt; 1659 wurde er zur Würde eines kaiser-
lichen Pfalz- und Hofgrafen erhoben und ihm das Prädicat Lebenwaldt verliehen.
Ganz ungewöhnliche Auszeichnungen für einen jungen bürgerlichen Arzt. Später
übersiedelte Lewaldt von Admont nach Rottenmann und um 1674 nach Stibich-
hofen, um hier seinen ständigen Wohnsitz bis 1684 zu nehmen. Nun widmete sich
Lewaldt ganz der schriftstellerischen Thätigkeit und sind namentlich seine Werke
über die damals grassierende Pest von größter Bedeutung; aber auch seine
Poesien krönte die Universität in Wien mit dem Dichterlorbeer, demzufolge er
vom Kaiser Leopold 1679 das Diplom als Poeta laureatus casarius erhielt.
Am 7. Februar 1683 nahm ihn die kaiserliche Akademie zu Breslau mit
dem Beinamen Aesculap II. auf. Sein Hauptwerk, 1695 in Nürnberg erschienen,
war „Land-, Stadt- und Hauss-Artzney-Buch" (auch in culturhistorischer Rich-
tung ungemein wertvoll!), worin er der „Gemskugel" große Bedeutung zuschrieb.
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Volume 1
- Title
- Die eherne Mark
- Subtitle
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Volume
- 1
- Author
- Ferdinand Krauss
- Publisher
- Leykam
- Location
- Graz
- Date
- 1892
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.45 x 21.56 cm
- Pages
- 496
- Keywords
- Steiermark, Heimatkunde
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918