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436 Eisenerz.
Korallen, Muscheln, Schnecken etc. von Baron Lichtenstern u. s. w. In
dem im 1. Stocke gelegenen Zimmer, welches zahlreiche Lehrbehelfe fĂĽr
Geographie, Geschichte, Naturlehre und andere Unterrichtsdisciplinen ent-
hält, befindet sich auch ein anlässlich des Besuches dieser Lehranstalt
durch den unvergesslichen Kaiser Josef II. vom damaligen Dechant und
Pfarrer Philipp errichtetes Erinnerungszeichen ; es ist dies ein aus Holz
geschnitzter, polychromierter doppelköpfiger Adler mit vergoldetem Brust-
schilde und Inschrift: „Joseph II. Rom. Kaiser, Yatter der Seinigen Wür-
digte dieße Schule seiner Allerhöchsten Gegenwart, Zufriedenheit und
beschenkte Sie den 11. October 1786. Nachwelt wisse es und beneide uns!"
Das ehemalige Ratbbaus, in dem jetzt das k. k. Bezirksgericht
und das Steueramt untergebracht sind, ist ein einstöckiges Gebäude
mit einem Thurme, dessen Spitzdach der doppelköpfige Aar als Windfahne
krönt. Es wurde 1548 zum Rathhause umgestaltet. Noch jetzt sehen
wir in dem Thurmzimmer, von dem aus man einen Balkon betreten
konnte, an der Decke in reicher Sculptur den doppelköpfigen Reichsadler
inmitten eines Lorbeerkranzes, ferner mehrfach theils hölzerne, theils
steinerne Thürstöcke aus früheren Jahrhunderten; insbesondere aber ver-
dient die Aufmerksamkeit des Beschauers das charakteristische Gewölbe des
durch eine Mauer später abgetheilten Vorsaales im 1. Stocke, an dem in
Stuccaturarbeit Reifen mit Nägeln und Rosetten, leider durch Kalktünehe
sehr verunschönt, ersichtlich sind — ein Hinweis auf die Bedeutung des
Marktes als Hauptort der steirischen Eisenindustrie.
Ein durch seltsamen alterthĂĽmlichen Sculpturschmuck ausgezeichnetes
Gebäude ist das Mose r'sche Gasthaus „zum heil. Geist" im Markte. Es zeigt
an seiner Facade Genien und in allegorischer Darstellung die vier Welt-
theile Europa, Asien, Afrika und Amerika. Der Sage nach soll dieses Haus
noch vor der Entdeckung Australiens erbaut worden sein. Ăśberhaupt sind
noch an vielen Gebäuden mehr oder weniger Spuren der früheren Bauart
erkenntlich, und zeigen sich dieselben am deutlichsten an dem Gemäuer
der Grondfesten und Keller, dann aber auch an Fenstern, ThĂĽren und
Erkern. Die Fenster weisen an ihren steinernen Laibungen nämlich noch
manchmal die in früheren Zeiten beliebten Ausschrägungen. Desgleichen
findet man auch steinerne Thürstöcke mit Merkmalen, denen zufolge ihre
Entstehung man dem 18-, 17. ja dem 16. Jahrhunderte, wenn nicht gar
dem 15. Jahrhundert zuschreiben kann. Deckenschmuck weisen ebenfalls
noch so manche Häuser des Marktes auf, meist sculptierten und dann
auch noch oft eine sogenannte Hausmarke enthaltend. Die Kanzlei des
Wirtschaftsamtes der Eisenerzer Waldgenossenschaft besitzt einen sehens-
werten Holzplafond (leider auch durch spätere Bemalung und Vergoldung
seiner NatĂĽrlichkeit beraubt) mit der Jahreszahl 1615. Eine eigenartige
Zierde weist das Haus Nr. 49 (Seilerei und Gasthaus) auf, das ursprĂĽnglich
den Zwecken der Eisengewinnung oder Eisenverarbeitung, welche einstige
Bestimmung noch so manche Gebäude erkennen lassen, gedient hat; an
seiner unteren Gassenecke springen aus dem Gemäuer zwei steinerne
Arme mit einem Schilde in den Händen heraus, auf welchem ein schräg-
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Volume 1
- Title
- Die eherne Mark
- Subtitle
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Volume
- 1
- Author
- Ferdinand Krauss
- Publisher
- Leykam
- Location
- Graz
- Date
- 1892
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.45 x 21.56 cm
- Pages
- 496
- Keywords
- Steiermark, Heimatkunde
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918