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Eisenerz. 437
liegender, abgebrochener Pfeil und ein rechtwinkelig gebrochenes Kreuz
gemeißelt sind; der Sage nach bedeutet dieser Schild einen Laib Brot, um
welchen dieses Haus zur Zeit einer großen Hungersnoth verkauft worden
sein soll. Oberhalb des Hofthores des Gasthofes „zum König von Sachsen"
ist ein (zum Theil beschädigtes) Wappen der Radmeisterfamilie Weidinger
angebracht. Das sogenannte Ahornerliaus Nr. 104 enthält ober dem Ilaus-
thore eine steinerne Gedenktafel mit folgender, auf das Fortblühen seines
Geschlechtes hinweisender Inschrift eines Eisenerzer Radmeisters : „1594.
Ich bin jung gewest vnd alt geworden vnd das Alter hat mich widerumb
neugeboren. — Es geschieht alles nach Gottes Willen. Christof Pambgarten."
Ein anderer Radmeister, Georg Scheichel, ließ an seinem Hause, jetzt
Nr. 105, folgende Inschrift ober dem Eingange anbringen: „Nonquam
beila bonis nonquam Certanima Desunt et quoquam cert et mens pia
semper habet. Georg Scheichl." Darunter befindet sich ein Wappen, der
aufsteigende Panther, wie er auch an dem an der östl. Außenseite des
Pfarrkirchthurmes angebrachten Denkmale ersichtlich ist. Gleichen Namen
und Wappen zeigt auch ein Stein im Hanse Nr. 99.
Von den Gebäuden und Denkwürdigkeiten aus der nächsten Nähe
des Marktes erregt vor allem der auf einem nahen Bergesvorsprunge am
linken Erzbachufer alleinstellende S cIiIeh t thu r m , das alte Wahrzeichen
von Eisenerz, ein massives, thurmartiges Gebäude mit hohem, vierkantigen,
von einer den steirischen Panther darstellenden Windfahne gekrönten
Spitzdache, und hohen, von Kappeln überdachten Uhrthürmchen die Aufmerk-
samkeit. Auf der dem Markte zugewendeten Seite ist oberhalb des Zifferblattes
ein Bergmann, in Stein gehauen, angebracht. Unterhalb des Daches liest
man : „Radmaister Werk-Schichtthurm", sowie die Jahreszahlen seiner Reno-
vierungen „1776" und „1887". Der Name Schichtthurm kommt daher,
weil mit der Glocke daselbst täglich um 6 Uhr früh für die Knappen
auf dem Erzberge, wie auch für die übrigen Arbeiter das Zeichen zum
Beginne der Arbeit oder „Schicht" gegeben wurde; ebenso zeigte sie in
früheren Zeiten auch des Abends die Beendigung der Schicht an. Diese
Glocke ist ein Werk Martin Hilgers, des berühmten Meisters der Erz-
gießerkunst, wiegt 27 Ctr. 86 Pfd. und enthält zwei Inschriften. Die erste,
unter der Haube, lautet : LASS DICH VERMANEN MEINEN KLANCK GEH
ZVR ARBEIT VORZEVCH NICHT LANCK. & MERTEN HILGER VON FREI-
BERCK GOSS MICI! MDLXXXI. Die zweite Inschrift besagt: DIE FVRST.
DVRCHL. ERTZHERZOCK CAROL ZV OESTERREICH HABEN DIESE
GLOCKEN DENEN VON EYSENERZT AVS GNADEN GESCHENCKT, VND
VERORDNET IM M.D.L.XXXI IAR." Nebst diesen Inschriften zeigt die Glocke
noch das erzherzogliche Wappen. Außer dieser Glocke befindet sich in
diesem Thurme noch eine 3 Ctr. 73 Pfd. schwere Schelle, ein Werk des
gleichen Meisters aus dem J. 1583 und laut Inschrift ebenfalls vom Erzher-
zog Karl den Eisenerzern geschenkt.
Der Schichthurm, durch den unter ihm geführten Tunnelbau in seinem
Bestände gefährdet gewesen, wird von den vielen Fremden, die Eisenerz
im Sommer besuchen, gerne bestiegen ; man genießt von hier eine reizende
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Volume 1
- Title
- Die eherne Mark
- Subtitle
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Volume
- 1
- Author
- Ferdinand Krauss
- Publisher
- Leykam
- Location
- Graz
- Date
- 1892
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.45 x 21.56 cm
- Pages
- 496
- Keywords
- Steiermark, Heimatkunde
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918