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Die Radmer. 4 63
Überall umfängt uns hier majestätische Waldespracht. Unverstümmelt
ragen sie auf, die mächtigen Stämme des Hochwaldes mit ihrem prächtigen,
weithinschattenden Geäste und melodisches, märchenhaftes Rauschen dringt
verloren aus den stolzen Wipfeln zu uns herab. Eine frühere Forstver-
waltung hat im Finstergraben eine Reihe Ruhebänke im kühlen Waldes-
schatten errichten lassen und da lässt es sich gar wunderbar ruhen im
stillen Thalgrunde, unter dem grünen Geäste und lauschen dem Sang der
Yögel und dem traulichen Murmeln des Wässerleins, welches zwischen
den grünen Moosdecken dahingleitet. Die heutige Forstverwaltung dagegen
hat einen großen, gar schönen Pflanzgarten für die Waldbäumchen angelegt,
und so wird die Radmer anf absehbare Zeiten eiu Asyl des Hochwaldes
in seiner ganzen erhabenen Schönheit bilden, als Oase in der Wüste unseres
spindeldürren Jungwaldes und der trostlosen Holzschläge.
Gerade gegenüber dem Pfarrdorfe, Radmer in der Stube ge-
nannt, mündet von S. der waldreiche Finstergraben, von welchem bald 1.
der Übergang über den Radmerhals nach Eisenerz abzweigt. Verfolgt man
den Graben weiter, so gelangt man über den Weidboden nach Kallwang
im Liesiugthale.
Vom Pfarrdorfe zieht die Straße das Hauptthal aufwärts, an der
Berglehne am Fuße des in gewaltigen Wänden abstürzenden Lugauers
immer sw. dahin, um nach einer kleinen Stunde Radmer an der Hasel
auf 910»» Sh. zu erreichen, von wo wieder der Luganer in seiner ganzen
wilden Größe zu schauen ist.
Es ist der zweite und letzte Ort des sich hier wieder ein wenig
ausweitenden Thaies, mit dem alten 1601 neuerbautem Jagdschlösse der
Landesfürsten, Greifenberg, und einigen Gehöften an den Berglehnen. Noch
klettert ein prächtiger Buchwald die Felsengehänge hinan, bald aber tritt
der alpine Charakter der Gegend überall zutage. Ein Übergang geleitet von
hier in 3 St. nach dem felsumschlossenen Johnsbach. Noch kann man das
Thal eine Stunde in mäßiger Steigung weiter verfolgen, bevor es empor-
klimmt zu der Wasserscheide zwischen Mur und Enns, von welcher man
zur Eigelsbrunneralpe und weiter nach Wald in 4 St. von Hinterradmer
absteigt.
Der Pfarrer von Radmer hat gegen 1000 Pfarrkinder und diese
Zahl zeigt uns auch die ganze Einwohnerschaft des Grabens. Dieser ist
heute nahezu ganz in kaiserlichem Besitze und nur kleine grüne Flecken
nm einzelne Gehöfte gehören noch Eigenthümern. Wie die Pfarrchronik
meldet, sind vom J. 1627 —1832 5776 Geburten und 4522 Sterbefälle vor-
gekommen, somit durchschnittlich jährlich 28 Geborten und 22 Sterbefälle;
darunter die Barbara Drachelneriu mit 131 und Sofia Tichlerin mit 125 J.;
14 Personen wurden 90 — 100 J. alt. Es vergehen oft Jahre, wo niemand
zwischen 10 — 60 J. stirbt. Im J. 1888 starben nur zwei Personen, u. zw.
ein Weib mit 93 und ein Mann mit 90 J., im März zwei kleine Kinder
und ein Weib mit 89 J., so gesund ist die Gegend. Die Sterblichkeit würde
noch geringer sein, wenn nicht nahezu ein Drittel der Kinder unehelich
wäre und infolge Armuth der Mutter frühzeitig zugrunde gehen würde.
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Volume 1
- Title
- Die eherne Mark
- Subtitle
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Volume
- 1
- Author
- Ferdinand Krauss
- Publisher
- Leykam
- Location
- Graz
- Date
- 1892
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.45 x 21.56 cm
- Pages
- 496
- Keywords
- Steiermark, Heimatkunde
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918