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Die Radmer. 4 63
schützteUmgebung mit ebenen oder mäßig ansteigenden
Spaziergängen, abseits , doch moglie list nahe ei 11 er Eisen-
bahnlinie suchen.
Berühmt ist die Radmer als kaiserliches Jagdrevier seit der maximili-
-anischen Zeit und gehört das Weißenbachlrevier zu den Lieblingsrevieren
unseres ritterlichen Kaisers und gar gerne spricht der hohe Jagdfreund von
seinem „Weißenbachl", wo er, wie erwähnt, am 31. August 1871 27 Gemsen
auf einem Stande erlegte. Die Hofjagden auf Hirsch und Gemse beginnen
meist anfangs October und gar reges Leben herrscht sodann in der sonst
so stillen Radmer. Als Jagdgäste des Kaisers kennt das Volk in der
Radmer Kaiser Wilhelm II. von Deutschland (noch als Prinz), den König
von Sachsen, Großherzog von Toscana, Herzog Leopold von Bayern und
Graf von Meran etc. Oft erfolgt schon der Aufbruch zur Jagd bei Nacht
und es gewährt ein eigenartiges Bild, wenn bei Fackelscheine der lange
Zug der Jäger lautlos die Höhen emporklimmt. Kaum fällt später der
Signalschuss oder der Hornruf, so erschallen allerwärts der laute Ruf der
Treiber, der Holzknechte, die mit unglaublicher Kühnheit den flüchtigen
Gemsen in das Gewände nachsteigen, und die Schüsse der Jäger meist
mächtige Echos in den Bergen erweckend. Ist der Trieb beendet, so er-
folgt die Besichtigung der Strecke des erlegten Wildes, an der Spitze der
Kaiser, an welcher sich zuletzt die fröhliche Heimkehr anschließt.
Den ganzen Winter hindurch bilden nun die zahlreichen lustigen
Intermezzos dieser Jagden den Gegenstand des Gespräches in den Wirts-
stuben des Dorfes. In den Wintermonaten, wenn der starke Schneefall das
Hochwild zu Thale treibt, gewährt die Wildfütterung im Finstergraben ein
prächtiges Schauspiel. Die großen Hütten mit Futterkrippen stehen meist
nahe der Straße im Walde und sind hier große Vorräthe von Heu und
wilden Kastanien, ein Lieblingsfutter des Hochwildes, wovon jährlich circa
5000 Ctr. verfüttert werden, angehäuft. Außer der Zeit der Fütterung ist
kein Wild zu sehen, kaum bat jedoch der Jäger einige Schaufeln Kastanien
ausgeworfen, so springen plötzlich von den Waldhängen die Hirschfamilien,
an der Spitze meist ein paar prächtige Capitalshirschen, über die schnee-
bedeckten Leiten zur Hütte, und bald bevölkert sich die ganze Umgebung
mit Hochwild (oft bis zu 100 Stück), und die Begleiter des Jägers können
nun vom Dachboden der Hütte in aller Muße die Könige des Waldes in
ihren schönen Bewegungen, kleinen Kämpfen und ihrer plötzlichen Flucht
bei jedem fremdartigen Geräusche beobachten, ohne dass die Thiere sich
dabei im geringsten im Genüsse ihres Futters stören ließen.
Seit die Erzgruben aufgelassen wurden und die Bauerngehöfte ab-
gekommen sind, lebt das Volk fast nur mehr vom Walde, d. i. von der
Holzarbeit, und gibt es heute deren 150 Holzknechte, die jährlich
20—25.000 Raummeter Nutz-, Brenn- nnd Koblbolz zu den Bahnlinien
fördern. Das Holz wird im Sommer auf den Höhen der Thallehnen des
Finstergrabens geschlagen, auf den Riesen zu Thale gefördert, in den
Wasserklausen angesammelt und sodann die geschwellte Klause abgelassen,
um das Holz zum Rechen am Eingange der Zwischenmauer im Frühjahre
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Volume 1
- Title
- Die eherne Mark
- Subtitle
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Volume
- 1
- Author
- Ferdinand Krauss
- Publisher
- Leykam
- Location
- Graz
- Date
- 1892
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.45 x 21.56 cm
- Pages
- 496
- Keywords
- Steiermark, Heimatkunde
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918