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134 Schladming.
Auf Grund des Toleranzedictes bildete sich die protestantische Gemeinde in
Schladming im Frühjahre 1783 unter dem ersten Pastor M. Schmal und kaufte ein
großes Bürgerhaus, worin zu ebener Erde die Schule, im 1. Stocke die Pfarrers-
wohnung und im 2. Stocke das Bethaus untergebracht wurde. Im Juli 1814 zer-
störte ein Brand nahezu den ganzen Markt mit dem Bethause. Hasch erhob sich
dafür nun ein neues, massiv gebautes Bethaus mit Pfarrerwohnung und Schulhaus
wieder unter einem Dache. 1825 wurde ein anstoßendes Häuschen, das Schuster-
haus, gekauft und zum Schulhause adaptiert. Im Jahre 1834 wurde ein entspre-
chender Friedhof erworben und an dessen Eingang eine Wartehalle in der Form
eines griechischen Tempels errichtet, mit der Aufschrift:
„An keinem anderen Orte wohnt die ersehnte Ruh1,
Und nur durch diese Pforte geht man der Heimat zu !K
Am 3. August 1851 traf die erste, 31 Ctr. schwere, bei F. Hollederer in
Linz gegossene Glocke, eine Spende von zwei glaubenseifrigen Mädchen in Schlad-
ming ein, und es füllten sich die Augen der evangelischen Gemeinde mit Thränen,
als zum erstenmale nach 250 Jahren wieder in Schladming eine evangelische Glocke
ertönte. Für die Glocke wurde ein sechs Klafter hoher Noththurm aus Holz gebaut.
Im Jahre 1852 konnte endlich mit dem längst geplanten Kirchenbau be-
gonnen werden; 24. August Grundsteinlegung, am 30. Mai 1856 erfolgte feierlichst
die Kreuzaufrichtung auf dem zuerst begonnenen stattlichen Thurmbaue.
Im J. 1859 begann nun der Bau der Kirche selbst, und zwar nach dem
Plane des k. k. Straßenmeisters Karl Ganzenberg, welcher sich die Welser evan-
gelische Kirche zum Vorbilde nahm, und am 29. Juni 1862 konnte die Kirchen-
weihe erfolgen.
Mit gerechtem Stolze konnte die kleine Gemeinde auf das große, von ihr
geschaffene Werk, bei welchem sie vom Gustav Adolf-Verein kräftigst unterstützt
und welches vom Senior Eduard Mücke rastlos gefördert wurde, blicken.
Am 14. August 1876 wurde die österreichische Hauptversammlung der
Gustav Adolf-Stiftung in Schladming abgehalten. Am 20. November 1880 feierte
die evangelische Gemeinde durch zahllose Höhenfeuer die Wiederkehr des hundert-
jährigen Jahrestages der Thronbesteigung Kaiser Josefs II. und weit hinaus leuchtete
vom Thurme der evangelischen Kirche die transparente Inschrift: „Josepho II.,
qui populis suis vixit, non diu sed totus."
Ka tho l i s che Ki rche : Die Kirche, die vom Jahre 1571 bis
Ende 1599 ganz im Besitze der Protestanten war, wurde nach der am
Chorschlussgewölbe ersichtlichen Inschrift (Anno domini 1522 inceptun est
hoc templum et consummatum est anno 1532) von 1522 —1532, u. zw.
in spätest-gotbischem Stile erbaut.
Sie zeigt sich als eine dreischiffige gedrückte Hallenkirche mit einem fünf
Seiten aus dem Zwölfeck enthaltenden, alle drei Schiffe umfassenden Chorschlusse.
Je fünf Pfeilerpaare gliedern die Kirchenschiffe, die eine lichte Länge von 40 m
und eine volle Breite (durch alle drei Schiffe) von 17 m und eine Scheitelhöhe von
10*50 m haben; Strebepfeiler fehlen. Der im Unterbau wohl noch der romanischen
Stilperiode angehörige mit Kleeblatt- und Rundbogen-Fries hübsch verzierte drei-
eckige Thurm erhebt sich als solider Quaderbau an der Westseite der Kirche.
Ein reiches Sterngewölbe, spannt sich tief über die Kirche. Die Kanzel mit
hübscher spätgothischer Brüstung ruht auf einer Marmorsäule. Der Hochaltar zeigt
noch sehr schöne Renaissance-Formen und verdient seiner tüchtigen figuralen Aus-
schmückung wegen besondere Beachtung, ebenso das Triumph-Kreuz ober dem Altare.
Im doppelschoßigen gothischen Karner befindet sich, als interessante Er-
innerung an die protestantische Cultusgemeinde, ein Flügelaltar mit vier je 250 cm.
hohen Holztafelgemälden (Apostel, eherne Schlange, Kreuzestod, Bildersprüche),
wahrscheinlich aus der Zeit von 1570 stammend.
Grabsteine. Prächtiges Epitaphium des Michael Katzpeck (1588) und
seiner Gemahlin, einer geborenen Strasserin f (1586). Großes Votivbild (Öl-
gemälde v. 1571) von bedeutendem Kunstwert, den Traum des Jakob von der
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Volume 2
- Title
- Die eherne Mark
- Subtitle
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Volume
- 2
- Author
- Ferdinand Krauss
- Publisher
- Leykam
- Location
- Graz
- Date
- 1892-1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 14.1 x 20.37 cm
- Pages
- 613
- Keywords
- Steiermark, Heimatkunde
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918