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Judenburg. 361
der Christen etc., um die fanatisierte Menge zu einer jener Judenverfolgungen
anzueifern, welche im Geiste des Mittelalters mit aller Grausamkeit ausgeführt
wurden. Derlei blutige Katastrophen brachen zweimal über die Judengemeinde
herein, u. zw. in der Christnacht von 1312 und im J. 1871, bis über ein Jahrhun-
dert später, am 19. März 1496, Kaiser Maximilian die Juden gänzlich aus Steier-
mark auswies..
Am 14. September 1338 bestätigte Herzog Albrecht II. die alten Stadtrechte
von Judenburg, insbesonders dass nur der Stadtrichter hier zu richten habe.
Albrecht III. gab der Stadt das Recht selbst erzeugte Waren nach Wien in Handel
bringen zu können. Kaiser Friedrich gewährte 1449 der Stadt 2 Jahrmärkte und
als Herzog am 12. Juli 1433 und als Kaiser 1461 eine Stadtordnung, die nament-
lich die Organisation des Rathes der Stadt und das Gerichtsverfahren regelte.
Bevor wir in das 16. Jahrhundert übergehen, müssen wir noch des welt-
bekannten Franciscaners Johann Capistran gedenken, der 1455 in seiner Zelle
im Franziscanerkloster zu Judenburg an Papst Calixt III. die Aufforderung zum
Kreuzzuge gegen die Osmanen schrieb. Dem gleichen Kloster dürfte der Verfasser
der großen religiösen Dichtung: „Christi Leben, Lehre, Tod und Auferstehung",
ein gereimtes Epos von 15.000 Versen, Gundacker von Judenburg, welcher im
13. Jahrhundert lebte, angehört haben. 1364 wurde das Augustinerkloster gestiftet,
welches am 9. Juni 1621 an die Jesuiten übergieng. In den Tagen des 8. und
9. August 1480 umwogte der furchtbare, von Kärnten hereingebrochene türkische
Heerzug die feste Stadt, deren Vorstadt mit der Magdalenenkirche gebrandschatzt
wurde. Der gewaltige, freistehend erbaute Stadtpfarrthurm entstand in den Jahren
1449—1513 ; 1488 wurde das Barbara-Bürgerspital gegründet.
In das J. 1513 fällt der Bau der Pfarrkirche, welche jedoch später einen
vollständigen Umbau erlitt.
Bald darauf beginnt sich die Reformationsbewegung auch in Judenburg, in
dessen Umgebung viel Adel säßig war, fühlbar zu machen. 1543 wurde der Stadt-
pfarrer vom Rathe der Stadt aufgefordert, den Gottesdienst nach protestantischem
Ritus zu halten.
Im J. 1562 war die protestantische Bevölkerung derart angewachsen, dass
sie das Franciscanerkloster zerstören und die Mönche vertreiben konnte. Wahr-
scheinlich waren die Anhänger der neuen Lehre auch schon um diese Zeit im Be-
sitze der St. Martins-Stiftskapelle, welche einst auf dem Platze vor dem Bezirks-
gerichtsgebäude stand und von der 1388 vom Pfarrer in Lobming, Wülfing Lob-
minger gegründeten Bruderschaft des heil. Martin erbaut wurde.
In den Zeiten der Türkengefahr (1480) wurde sie von Friedrich IV. den
Clarissinnen eingeräumt.
Im J. 1574 wirkte hier für das Viertel Judenburg der gewesene Stadt-
pfarrer von Fürstenfeld, Thomas Milius, als von der steierm. Landschaft wohl-
bestellter Prädicant (luth. Prediger).
Erst mit dem J. 1578 gestattete Erzherzog Karl II. auf dem bekannten
Landtage in Bruck die freie Ausübung der lutherischen Lehre in Judenburg.
Im J. 1579 erwirkten die Protestanten die Anstellung eines eigenen Diaconus
und Schullehrers, Namens Lorenz Aumayer, welcher von der Landschaft mit 100 fl.
besoldet wurde. Nach Milius Tode (1581) wurde der als griechischer Gelehrte be-
zeichnete Grazer Stiftsprofessor, Magister Christoph Frey, Prädicant. Er berichtete
1582 an die Landschaft, dass er in der Fastenzeit 2522 Comunicanten gehabt
habe. Im J. 1588 starb Frey und folgte Friedrich Latomus, früher Stiftsprediger
in Graz, als Pastor und wurde dessen Besoldung von der Landschaft auf 300 fl.
erhöht. 1594 erhielt der greise Pastor einen Stellvertreter.
Im J. 1597 wurde Latomus pensioniert (f 1598) und wurde Magister Seba-
stian Friesenegger zum Pastor ernannt.
Dieser war in D.-Landsberg geboren und hatte mit einem Stipendium der
steierm. Landschaft drei Jahre in Jena studiert.
Die Einkünfte der katholischen Stadtpfarre hatten sich derart
verringert, dass sich niemand mehr um die Pfarre bewarb und wurde in
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Volume 2
- Title
- Die eherne Mark
- Subtitle
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Volume
- 2
- Author
- Ferdinand Krauss
- Publisher
- Leykam
- Location
- Graz
- Date
- 1892-1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 14.1 x 20.37 cm
- Pages
- 613
- Keywords
- Steiermark, Heimatkunde
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918