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Judenburg. 363
mit den abziehenden Truppen Erzherzog Karls. Massella forderte sogleich
30.000 Rationen Brot, 1000 Rationen Wein, 60 Ochsen und 100 Säcke
Hülsenfrüchte, lieferbar bis zum nächsten Morgen. Massena, welcher am
7. die Stadt verließ, folgte am Nachmittag des gleichen Tages Napoleon
auf dem Fuße, der, in nur höflicherer Form, kaum minder drückende
Forderungen stellte. Napoleon und Massena nahmen im Stadtpfarrhof
Quartier. Inzwischen kamen auch die österreichischen Generale Bellegarde
und Merveld nach Judenburg, um mit Napoleon im Stadtpfarrhofe einen
Waffenstillstand abzuschließen. Am 9. April ritt Napoleon inmitten seiner
Garden aus der Stadt. Aber schon am nächsten Tage besetzte wieder
Bernadotte mit 15.000 Mann Judenburg, neue Requisitionen ausschreibend.
Nach Leistung derselben zog die feindliche Truppe bis auf das Platzcom-
mando ab. Platzcommandant von Calvet war ein einsichtsvoller Mann,
welcher durch Errichtung von Fleisch- und Weinmagazinen die Verpflegung
der Truppen sehr erleichterte. Zur Erzeugung des Brotbedarfes, welcher
oft 10.000 Portionen betrug, erbaute die Stadt fünf Backöfen, welche über
1000 Thaler kosteten.
Nach dem am 18. April in Leoben geschlossenen Präliminarfrieden
folgten die letzten Durchmärsche der Franzosen, welche mit dem Abzüge
des Platzcommandos am 28. April endigten.
Am 1. April 1799 begann der Durchzug der Russen unter Suwarow,
welche in Fohnsdorf Hauptquartier nahmen. Der Durchmarsch des 28.000
Mann starken Corps, welches musterhafte Disciplin hielt, dauerte bis 8. April.
Die zweite französische Invasion von 1800—1801 berührte Juden-
burg nicht direct, da es knapp außer der Demarcationslinie lag. Dagegen
brachte die dritte Invasion schwere Drangsale über die Stadt. Am 10. und
11. November 1805 erschienen zuerst Liechtenstein-Husaren und Grenz-
truppen in der Stadt. Da es den Österreichern an Munition gebrach, ver-
langte das österreichische Commando den Erlag von 8000 fl. und die
Auslieferung alles vorhandenen Pulvers, sowie die Abtragung der Mur-
brücke. Kaum war jedoch dieses geschehen, so erschien abends am linken
Murufer ein französischer Parlamentär, welcher mit den Österreichern
behufs Abzug verhandelte. Dieser erfolgte noch in der Nacht. Drei Tage
später, am 16. November 12 Uhr mittags, standen die Franzosen unter
General Lacoste in der Magdalenenvorstadt vor Judenburg und forderten
nicht nur die sogleiche Herstellung der Brücke, sondern auch 500 Paar
neue Schuhe, 24 Pferde, 100 Louisd'or und Verpflegung aller Truppen,
hei sonstiger Plünderung.
Zu allem Unglück brach am Abend dieses denkwürdigen Tages durch
Unvorsichtigkeit der Franzosen in der Magdalena-Vorstadt Feuer aus,
welches auch Thurm und Dach der Magdalenenhöhe vernichtete. Dieses
Ereignis hinderte jedoch die Franzosen nicht, mit grausamer Energie auf
die Erlegung der Contributionen zu dringen und wurden infolgedessen bis
Mitternacht 503 fl. in alten Silbermünzen erlegt.
Am nächsten Morgen wurden 60 Paar Schuhe geliefert und aus den
umliegenden Bezirken 72 Schuhmacher vom Kreisamte requiriert, welche
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Volume 2
- Title
- Die eherne Mark
- Subtitle
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Volume
- 2
- Author
- Ferdinand Krauss
- Publisher
- Leykam
- Location
- Graz
- Date
- 1892-1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 14.1 x 20.37 cm
- Pages
- 613
- Keywords
- Steiermark, Heimatkunde
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918