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Judenburg, 373
Erzbiscliofe von Salzburg die Erlaubnis zum Baue einer Calvarienberg-Kapelle und
wurde hierauf am 3. Mai 1720 der Grundstein hiezu gelegt und war 1722 der Bau
vollendet, jedoch fand erst am 8. Mai 1770 die Einweihung der geräumigen Kapelle
statt, daher bis dahin nur auf einem Tragaltar Messe gelesen werden durfte.
Die Kapelle bildet einen stattlichen Centraibau mit 5 Altären und Nischen,
wovon der Hochaltar ein gutes Gemälde, die Kreuzabnahme darstellend, besitzt.
Um 1776 lebte hier ein Einsiedler, welchem die Obsorge der Kirche oblag. Zum
Kirchlein führt an 14 Kapellen vorbei vom Fuße des Landthorberges ein directer
Weg über 314 Stufen.
Yom Calvarienberg erschließt sich ein ganz überraschend schöner Blick auf
die zu Füßen liegende Stadt, das Murthal und das Pölsthal hinauf. Noch viel
umfassender ist jedoch der Rundblick von der Warte auf der Höbe des Lichten-
steinberges, welche man auf sanft ansteigendem schattigem Waldpfad mit Ruhe-
bänken in weiteren 40 Mtn. mühelos erreicht.
Nun liegt das mächtige Eichfeld und der Murboden mit seinen Edel-
sitzen, Dorfschaften, Märkten und Städten, sowie den großen Industriestätten zu
Fohnsdorf, Zeltweg und Knittelfeld, überragt von der Kette der Seckaueralpen,
über welche der gigantische Bösenstein aufstrebt, wie eine Reliefkarte vor dem
Beschauer ausgebreitet. Von 0. gegen S. zeigt sich der Gleinalpenzug und der
Grossing, an welchen sich die Seethaleraipen mit dem Zirbitzkogel anschließen.
Abstieg auf rotli markiertem Steig in 1% Stdn. nach Maria-Buch. Inzwischen
das Landgasthaus „Wastl im Eck".
2. Der Feeberger Graben. So heißt der kurze ö. von Judenburg streichende
Graben, welcher, vom Weyerbache durchflössen, 3 Edelsitze birgt und in seinem
Schlüsse große Kohlenschätze geliefert hat.
Diese 3 Edelsitze sind das Schloss Weyer , 1666 erbaut, der
T h o r h o f , auch Heinrichsberg genannt, 1616 —17 erbaut und das kleine
Grubhofen oder der Grubhof am Abbange des Feeberges, welches
sich schon 1540 bemerkbar machte; alle 3 Edelsitze sind längst ihrer
einstigen Bestimmung entfremdet und dienen heute theils Arbeitern zur
Wohnstätte, theils landwirtschaftlichen Zwecken.
Der stattlichste dieser Ansitze ist das Weyerschloss, dessen Hauptfront
von zwei mächtigen, weit ausspringenden Thürmen flankiert wird. Der früher von
Ringmauern umschlossene Hauptbau hat 2 Stockwerke und schließt einen Hofraum
ein, in welchem sich ein kleiner Weiher befindet. Die Jahreszahl 1666 ober dem
Thore bezeichnet die Zeit der Erbauung. Die früher im Hofe eingemauert gewesenen
Römersteine mahnen daran, dass wir hier die Stätte einer sehr alten Siedlung zu
suchen haben. Im J. 1175 tritt ein steirischer Ministeriale Gerold von Wiharen
auf, der mit unserem Weyer in Zusammenhang gebracht werden kann, und lässt
sich dieses Geschlecht bis ins 14. Jahrhundert verfolgen. Es folgten die Gleinitz
von Gleinstetten und die Grahtwein zu Weyer, von welchen 1530 ein Wolfgang
Vicedom von Steiermark war und dessen Schwester in zweiter Ehe Sigmund Graf
Herberstein, den Vielgereisten, heiratete. Nach Aussterben der Grahtwein anfangs
des 17. Jahrhunderts erwarben Weyer nach kurzem Zwischenbesitz der Praunfalkh
die emporgekommenen und geadelten Judenburger Bürger, die Herren Heinricher
von Heinrichsberg. Nun erneuerte sich der alte düstere Bau des Mittelalters zu
einem wohnlichen Renaissancehau und nun blieb es Eigen der Ileinrichsberg,
die allmählich Freiherren und Grafen wurden, bis zu ihrem Erlöschen anfangs
unseres Jahrhundertes. Am 9. August 1819 kaufte das zur Halbruine gewordene
Schloss Fürst Lichtenstein von Franz Graf Heinrichsberg und seither gehört es
zum Besitze Neu-Lichtensteins. Der Glanz war für immer erloschen, e* wurde zur
Herberge der Spitalspfründner und zuletzt der Eisenwerksarbeiter.
Nur wenige Minuten weiter liegt am Berghang das durch zwei zierliche Rund-
thürme ausgezeichnete kleine Thorhofschlösschen, welches vom Baumeister
Sixtus Prills 1616—1617 erbaut wurde. Es war der erste adelige Besitz, welchen
die früher genannten Heinricher erwarben, und zwar durch Erbschaft vom Juden-
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Volume 2
- Title
- Die eherne Mark
- Subtitle
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Volume
- 2
- Author
- Ferdinand Krauss
- Publisher
- Leykam
- Location
- Graz
- Date
- 1892-1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 14.1 x 20.37 cm
- Pages
- 613
- Keywords
- Steiermark, Heimatkunde
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918