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46 0 Oberwölz.
1668 durch Rückzahlung der Pfandsumme löste. Ein zwischen dem Rathe der
Stadt und dem Freising'schen Schlosshauptmann Joh. Sebast. Penibler anlässlich
Streitigkeiten am 11. April 1715 unter Intervention eines kaiserlichen und eines
hochfürstlich Freising'schen Commissars stattgefundener Vergleich gibt einigen
Einblick in die Rechtsverhältnisse der Stadt.
So durfte der Magistrat innerhalb des Burgfriedens alle Verhandlungen über
kleine Verbrechen und Vergehen vornehmen, doch unbeschadet der Berufung an
den Schlosshauptmann. Nur die herrschaftlichen Leute unterstanden unmittelbar
dem Schlosshauptmann. Die Bestrafung des Ehebruchs stand dem Schlosshauptmanne
zu. Der Burgfriedsfrevel wurde mit Anlegung der Daumschrauben bestraft. Der
Magistrat bestand aus dem Stadtrichter, den Rathsfreunden und dem Sechseramt.
Alle diese Magistratspersonen mussten vom Schlosshauptmann bestätigt werden.
Die 80 Artikel dieses Vertrages wurden jährlich am schwarzen Montage
der Bürgerschaft vorgelesen. Im J. 1749 hatte Oberwölz an Handwerkern 58 Meister
mit 18 Gesellen. Davon hatten die Lebzelter, Weißgärher und Kupferschmiede
ihre Läden in Graz, die Binder, Huterer, Färber, Lederer, Riemer und Kürschner
in Judenburg, die Grün- und Schwarzhafner in Obdach, die übrigen Gewerbe waren
der städtischen Zunft einverleibt.
1781 brannte die Stadt abermals ab.
Der Presshurger Friede von 1805 änderte plötzlich die uralten Herrschafts-
verhältnisse der Stadt, indem die Freising'sche Oberherrschaft aufgehoben und
Oberwölz als Municipalstadt erklärt wurde.
Einer der verhängnisvollsten Tage in der Geschichte von Oberwölz war der
21. September 1806, AVO ein furchtbarer Brand die ganze Stadt (über 100 Häuser)
in Asche legte.
Im J. 1809 wurde, Avie schon 1797 vom 1. Jänner bis 2. Februar, die Stadt
abermals von französischen Reitern besetzt; die Truppe hielt gute Mannszucht.
Mehrere Franzosen blieben zurück und siedelten sich in der Gegend an.
Das Wappen der Stadt besteht aus einem grünen Schild, worauf 2 silberne
Thürme, durch ein Thor mit aufgezogenem Fallgitter verbunden, auf begrastem Grunde
dargestellt sind. ZAvischen den Thürmen auf den Zinnen des Thores erhebt sich
ein roth gekleideter Mohrenkönig mit gezackter goldener Krone, in der Rechten
ein goldenes Scepter haltend (Wappenfigur des Stiftes Freising).
Rothenfels fiel 1805 an den Kameralfond, welcher es 1823 an Eduard
Triegler um 20.200 fi. C.-M. verkaufte, von welchem es bald darauf an Jacob
Boden und 1840 an die GeAverkenfamilie Mayerhofer übergieng, deren Haupt-
repräsentant Wenzel Mayerhofer am 30. Jänner 1890 starb. Im Jahre 1894 ist es
in den Besitz der Firma A. Morasutti übergegangen.
Betritt man durch eines jener drei Thore, welche sich von den fünf alten
Stadtthoren noch erhalten haben und wovon das AV., das sogenannte Hin ter egg er
Thor, die interessante Anlage eines Doppelthores zeigt, die Stadt, so gelangt man
zwischen den schmucken, stockhohen Häuserzeilen, Avovon jene gegen das Neuthor
durch alte Bauten besonders auffällt, zu dem von Süden gegen Norden sich er-
streckenden Platze, an dessen Südseite sich der mächtige Bau der Pfarrkirche erhebt.
An dessen nördlichem Ende liegt das Schöttelthor, dessen gothischer Bogen
ein reizendes Landschaftsbild umschließt. Zwei stattliche Linden, mehrere laufende
Brunnen, ein zierliches Wetterhäuschen mit vielen Instrumenten und eine barocke
Mariensäule mit den Pestpatronen St. Rochus und St. Sebastian schmücken den mit
freundlichen Anlagen versehenen Platz, Avelchem das schlossähnliche Gerichtsgebäude
ein stattliches Aussehen verleiht. Ein Inschriftstein, anlässlich des 80jährigen Geburts-
festes Gottfried Ritter von Leitner aufgestellt, an der Ecke dieses Hauses er-
innert, dass dieser große vaterländische Dichter hier seinen ersten Unterricht genoss.
Eine zAA^eite Inschrift auf dem Hause gegenüber der Mariensäule meldet als
deren Legende:
Als die Jungfrau, ohne Makel geboren,
Uns zu einer Patronin haben auserkoren,
So waren wir hierauf bald getrost,
Und von der leidenden Pest erlöst. 1717.
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Volume 2
- Title
- Die eherne Mark
- Subtitle
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Volume
- 2
- Author
- Ferdinand Krauss
- Publisher
- Leykam
- Location
- Graz
- Date
- 1892-1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 14.1 x 20.37 cm
- Pages
- 613
- Keywords
- Steiermark, Heimatkunde
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918