Page - 113 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
Image of the Page - 113 -
Text of the Page - 113 -
— 113 —
ragenden Staffelgiebel ein festungsartiges Aussehen erhält und
einst Eigenthum des berühmten Stiftsmalers J. C. Hackhofer
gewesen sein soll. Etwas tiefer liegt die 1202 eingeweihte
Filialkirche St. E g i d e n , die nach dem grossen Brande des
Stiftes 1237 zur Pfarrkirche erhoben wurde und als solche
bis zur Rückverlegung der Pfarre in das Stift 1783 diente.
Die Kirche, ursprünglich romanisch, später gothisirt, wurde
mehrfach, zuletzt, 1708, im Barockstile umgebaut. Die Decke
der Kirche schmückt eine grosse Freske von Hackhofer, die
heil. Dreieinigkeit, Maria als Himmelskönigin, und den heil.
Augustin, Thomas, Florian und Egidius darstellend, während
die Altäre, die Altarbilder heil. Egidius und heil. Agathe,
dann heil. Donatus und heil. Erhard zieren. Ausser der Kirche,
am ehemaligen Friedhofe, steht südlich noch das schmiedeiserne
Kreuz des Grabes Hackhofers, welches rückwärts ein zu öffnen-
des Thürchen hat, in welchem nachstehende, nur mehr schwer
lesbare Inschrift steht: „Alhier lieget in Gott der Wohledle
Kunstreiche Herr Johann Cyriach Hackhoffer weiland berühmter
Mahler in dem Löbl Stift Vorau und Stadt Hartberg nebst
erster Frau Ehegemahlin, der Wohledelgebornen Frau Maria
Katharina eine geborene Zötterin, beyde von Inspruck aus
Tirol gebürtig, welche Frau den 4. Jänner zwischen 11 bis
12 Uhr Mittags 1725 ihres Alters 48 Jahr, und Herr Johann
Cyriach den 9. May 1731 um 4 Uhr Nachmittag in dem 73. Jahr
alt, beyde alhier in dem Chorherrn-Stift Vorau in Gott seeliglich
entschlaffen. Bethet für sie, damit sie im Frieden ruhen Amen.
1819."
Nicht lange duldet es uns jedoch in dem eng zusammen-
gedrängten Markte, und nach kurzer Rast steigen wir anfangs
auf ziemlich schlechtem Knüppelweg in einer Viertelstunde be-
quem zu dem auf dem breiten Rücken eines sich abdachenden
Hügelzuges mächtig ausgebreiteten Stiftsgebäude, 693 M. ü. d. M.,
empor. Oben angelangt, zeigen sich nach allen Seiten über-
wältigend schöne Landschafts- wie Architektur-Bilder. Zur
Rechten ladet uns eine herrliche dreifache Allee uralter
Linden, vielleicht der schönsten in Steiermark, deren schon
im 14. Jahrhundert, gelegentlich der Bezeichnung der Kirche
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Title
- Die nordöstliche Steiermark
- Subtitle
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Author
- Ferdinand Krauss
- Publisher
- -
- Location
- Graz
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 10.93 x 17.9 cm
- Pages
- 498
- Categories
- Geschichte Vor 1918