Page - 305 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
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F. Hartberg - Friedberg,
beziehungsweise Friedberg - Hartberg, siehe Seite 84.
G. Hartberg - Wörth. - Neudau - Burgau - Fürstenfeld.
siehe Route VIII, Fürstenfeld, E.
Sitten, Gebräuche und Sagen des Volkes in den
südlichen Gegenden der nordöstlichen Steiermark.
Obwohl die deutsche Sprachgrenze über zwei Meilen in das
ungarische Gebiet vordringt, so hat doch andererseits wieder die
deutsche Bevölkerung äusserlich Manches von ihren Grenznachbarn
angenommen. Die Dörfer sind nicht mehr so schmuck und freundlich,
wie in den westlichen und nördlichen Gegenden, so um Weiz,
Stuben-berg,
Pöllau, im Jackelland etc. Die einzelnen, oft nur notlidürftig
verputzten Höfe liegen zerstreut, wodurch die Orte sich
unverhältniss-mässig
in die Länge dehnen, grosse Wasserlacken, als Tummelplatz
von Gänsen und Enten, durchziehen vielfach die Orte und in den
Wirthshäusern mangelt nicht selten die Reinlichkeit. Die weite
ungarische Leinenhose bei den Männern und grellfarbige Brusttücher
bei den Frauen und Dirnen fallen überall auf. Besonders aber tritt
der ungarische Einfluss bei den Schuljungen hervor, die mit ihren
hohen Röhrenstiefeln, der blauen, nie fehlenden Schürze, dem
„Für-tuch"
und dem runden schwarzen Hütchen, im Vergleiche zu der
Dorfjugend anderer deutschen Orte, ein ganz fremdartiges Bild geben.
Vielfach werden von den Männern wie von Kindern Holzschuhe
mit Lederröhren getragen, wodurch sehr häufig „Plattfiisse"
verursacht werden. Die Nahrung des Volkes ist nahezu kümmerlich,
Milchsuppe und Mehlspeisen bilden das tägliche Gericht, dabei
wird immer „mager- mit wenig Fett gekocht. Eine grosse Rolle spielt
unter den kargen cullinarischen Genüssen dieser Gegenden das Kraut,
welches theils als „Fasslkraut" (Sauerkraut), theils als „Grubenkraut"
bereitet und aufbewahrt wird. Als sehr gesundes Getränk wird
allgemein der „Most" (Obstwein) getrunken, vereinzelt auch ein
leichter Wein.
Unter den spärlichen Resten der alten Volksgebräuche müssen
in erster Reihe die Todtenmahlzeiten, die Todtenzehrungen, wie
mau sagt, genannt werden, da sie noch allgemein üblich sind. Da die
Leichenbegängnisse stetsVormittags stattfinden, so beginnt die
Todten-mahlzeit
meist um 11 Uhr und dauert bis Abends. Hiezu wird die
ganze Verwandtschaft und Nachbarschaft geladen, so dass dabei selten
unter hundert, wohl aber auch bis zu zweihundert Menschen ver-
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Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Title
- Die nordöstliche Steiermark
- Subtitle
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Author
- Ferdinand Krauss
- Publisher
- -
- Location
- Graz
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 10.93 x 17.9 cm
- Pages
- 498
- Categories
- Geschichte Vor 1918