Page - 335 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
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Baumwollgarn-Spinnerei von grosser volkswirtschaftlicher Be-
deutung nicht nur für den Bezirk Fürstenfeld, sondern für die
nordöstliche Steiermark überhaupt. Die Geschichte des bei allen
Kuruzzeneinfällen verheerten Ortes ist innig verknüpft mit jener
des Schlosses Burgau, welches, am Nordende des Marktes ge-
legen, heute halb in Ruinen versunken, kaum mehr seine einstige
Bedeutung als wichtige Grenzveste ahnen lässt.
Die einstige Herrschaft Burgau war ein landesfürstliches
Lehensgut und umfasste fünf Lehensstücke: 1. das Schloss, 2. den
Markt Burgau, 3. das Landgericht mit Stock und Galgen, 4. den
Burgauer Wald, 5. den Wilfersdorfer und Riegersdorfer
2/3-Getreide-zehent.
Diese Herrschaft wurde den Brüdern Weichard und Erhard
Ritter von Pollhaim (Bolheimp) als Belohnung für die grosse
Waffenthat, wodurch sie anfangs 1500 den Uebergang der Türken
über die Drau bei Pettau verhinderten und dieselben nach Ungarn
zurücktrieben, anfangs des 16. Jahrhundertes geschenkt. Jedenfalls
besassen jedoch die Pollheim Burgau schon vor 1500 lehens- oder
pfandweise. Ein Nachkomme dieser Pollheim, Michael Pollheim, baute
das wahrscheinlich bei den Türkeneinfällen von 1529 und 1532
be-schädigte
Schloss, wie eine in Stein gehauene Inschrift an der
Innen-seite
des Thurmgebäudes: „Dieses Gepeh isd durch Michel Hern
zw Pollheim gepavt vorde Jahr 155SU meldet, neu auf, und gibt uns
die Yischer'sche Ansicht von 1680 ein getreues Bild dieser wichtigen
Grenzveste, welche heute, zwar all' ihres Schmuckes beraubt, doch
noch ihre einstige Gestalt leicht erkennen lässt. Ganz gleich wie
Neudau gebaut, war die ganze Schlossanlage von einem breiten
Wassergraben umgeben. Die Schlossgebäude gliederten sich in zwei
Theile, und zwar in das nördlich situirte eigentliche Schloss, und in
das südlich situirte, an den beiden Ecken durch je einen massigen
niedrigen Rundthurm und eine Bastion stark befestigte
Oekonomie-gebäude,
mit dem Schlosse nur durch einen ebenerdigen Tract
zu-sammenhängend.
Das Schloss zeigt ausser einigen Erkerbauten und
dem viereckigen, an seiner Südfront aufsteigenden Thurme keinerlei
Befestigungen. Der prächtige Schlossgarten, von demVischers
Schlösser-buch
von 1681 sogar eine Reihe eigener Ansichten bringt, lag am
anderen (südlichen) Ende des Marktes. Vergleicht man heute das
Schloss mit dem Vischer'schen Prospect von 1681, so findet man
nicht nur den Wassergraben verschwunden, sondern auch das Schloss
seines Thurm es, der bei dem furchtbaren Sturm und Hagelwetter im Jahre
1778 zum Opferfiel, beraubt. VondenOekonomiegebäuden ist ein grosser
Theil ganz verschwunden, der übrige Theil jedoch in einem ruinösen
Zustande und wird nur (las Thurmgebäude, woselbst sich heute die
Gendarmerie-Caserne befindet, notdürftig erhalten, während im
ehe-maligen
Schlossgebäude die zweiclassige Volksschule und das Gemeinde-
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Title
- Die nordöstliche Steiermark
- Subtitle
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Author
- Ferdinand Krauss
- Publisher
- -
- Location
- Graz
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 10.93 x 17.9 cm
- Pages
- 498
- Categories
- Geschichte Vor 1918